Montag, 7. Juni 2010

Tag 414 - Fisherman's friend

Wenn sie kein Haustier kriegen, dann helfen sie sich eben selbst, die Sargnägel.

Heute Morgen standen sie bei mir im Zimmer und präsentieren ihre Tupperware Behälter, deren Inhalt ich eigentlich nicht so gerne unter die Lupe nehmen wollte. Schon gar nicht kurz nach dem Aufwachen. Aber gut, ich habe dann doch einen Blick durch die milchigen Plastikböden riskiert. Resultat: Groß Sargnagel ist stolze Besitzerin eines guten Dutzends Schnecken. Mit und ohne Haus. Klein Sargnagel hat Spinnen. Mit und ohne Netz.
Während des Frühstücks stand der Schneckenbehälter geöffnet auf dem Tisch. Man sollte nicht glauben, welche Geschwindigkeit Schnecken in Todesangst entwickeln. Ich glaube wir haben alle wieder gefunden. Dann erst mal die Tischdecke in die Waschmaschine gepackt.
Klein Sargnagel hat ziemlich schnell verstanden, dass ein offener Deckel nicht nur die Spinnen entfleuchen, sondern auch sein Aupair kreischend durch das Zimmer springen lässt. Ich kann sein Gehirn jetzt arbeiten sehen, ob der Verlust eines der kostbaren Achtbeiners das Schauspiel des panischen Aupairs wert ist. Ich hoffe er entscheidet sich für die Spinnen.
„So ein Pech, dass wir in der Schule keinen Haustiertag haben“, meinte Groß Sargnagel auf dem Schulweg tief seufzend. Ja, so ein Pech. Jetzt stehen die Behälter nämlich hier neben mir. Die Schnecken scheinen zu schlafen, sind se nich süß. Die Spinnen haben angefangen sich gegenseitig aufzufressen.
Mich juckt es überall.

Gejuckt haben auch die Mückenstiche letztes Wochenende. Ich habe mich mal wieder auf eine Angeltour mit Adam begeben. Dieses Mal inklusive Zelt, Schlafsack und Lagerfeuer (okay, letzteres mehr in Form eines Din A4 großen Wegwerfgrills).
Angeln wird niemals mein liebstes Hobby werden. Mein Jagdtrieb kommt eher dann zum Vorschein, wenn es um Schnäppchen geht. Aber trotzdem kann ich diese Ausflüge genießen, weil die Stille und Natur von Zeit zu Zeit einfach so wohltuend ist.

Die Furnace Lakes sind in einem künstlich angelegten Gelände in der Nähe von Guildford. Ich wurde mal wieder Zeuge von perfekter englischer Durchorganisiertheit:
Man hat am Eingang eine Art Anmeldegespräch, bei dem man sich für einen der fünf Seen entscheiden kann. Je nachdem, welche Fische man angeln möchte. In unserem Fall Karpfen und Wels. Der Seebesitzer griff nach einer Karte des entsprechenden Sees und deutete auf die noch freien Plätze. Es folgte kurzes Fachsimpeln über Wassertiefe, Seerosenbetten und Wind, bis diese Entscheidung auch gefallen war. 30 Pfund bezahlt, dann öffnete sich das Tor und wir sahen ein hügeliges Hobbitland, mit schön angelegten und bewachsenen Seen. Das Gras war sauber gemäht und erinnerte wirklich an eine Filmkulisse.


Auf dem Parkplatz hatte ich mich schon mit dem Gedanken abgefunden, jetzt alle Sachen zu unserem Angelplatz schleppen zu müssen. Als plötzlich ein sonnengebräunter Surfboy-Verschnitt mit blitzend weißen Zähnen auf seinem Quad angebraust kam. Im Schlepptau einen Anhänger, auf den wir unser Gepäck und uns selbst platzieren durften. Durchgeschüttelt und scheppernd wurden wir so zu unserem Platz befördert. Cool!


Oh, es war wundervoll. Auf dem Gelände sind keine Kinder erlaubt. Nur schweigsame tarngrün gekleidete Fischer, die sich zur Begrüßung tierlautig zugrunzen. Herrliche Stille. Manchmal unterbrochen von der kleinen nervösen Taucherente, die ihr Nest gegen alles und jeden verteidigte.
Ab und zu hoppelten ein paar junge Kaninchen vorbei, und auch die Graugänse patrouillierten immer wieder und zischten genervt, wenn ihre Küken mehr Interesse an meinen Schuhen als an der Futtersuche fanden. Frösche, Fledermäuse, Entenküken, Libellen… mir lief, flog, schwamm und hüpfte alles über den Weg… nur kein Fisch.
In der Nacht konnte man die bis zu fünfzig Kilo schweren Riesen im Wasser platschen hören, als würden sie über unsere Erfolglosigkeit lachen.

Als ich am nächsten Tag doch ein paar Mal laienhaft und untalentiert die Angel auswarf… biss plötzlich etwas an. Ich war so überrascht, dass ich die Leine etwas zu ruckhaft aus dem Wasser zog. Der arme Fisch landete daraufhin irgendwo weit hinter mir im Gebüsch. Aber dann hatte ich ihn, meinen kleinen glupschäugigen Barsch.


Beweisfoto, Haken aus der Unterlippe gepfriemelt (nicht aus meiner) und wieder ab ins Wasser mit dem kleinen Kerl. Genug Erfolg für mich, ich ging zurück zu meinem Buch.

Adam fing ein paar Stunden später tatsächlich noch einen fast armlangen Wels und konnte das Wochenende damit auch zufrieden abschließen.

Die Sargnägel waren enttäuscht, dass ich meinen Fang nicht mitbrachte. Der Fisch hätte doch in der Badewanne wohnen können, schmollte Klein Sargnagel. Und im Kinderplanschbecken hätte er sogar Auslauf im Garten gehabt.

„Ich fang dir ein paar Ameisen, dann hast du auch Haustiere!“ bot Groß Sargnagel an. Ich konnte sie gerade noch davon abhalten, gleich mit ihrer Brotdose loszueilen.
Und obwohl ich das Insekten sammeln jetzt mehr als nachdrücklich verboten habe… ich ahne Schlimmes.

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