Samstag, 5. Mai 2012

Am Tag als der Regen kam


Seit sich UK offiziell in der Dürre befindet, hat es nicht mehr aufgehört zu regnen. Überall hört und liest man nur noch Anspielungen und Witze über die "nasseste Dürre der Geschichte". Seit Jahren habe ich keinen so nassen (und kalten) April erlebt. Und jetzt im Mai ist keine Besserung in Aussicht. Irgendwie scheint es seit den paar warmen Tagen im März schon wieder Herbst zu werden.

Starke Nerven und Indoor-Activity ist angesagt. Letztes Wochenende sind wir in strömendem Regen nach London und haben es trotzdem geschafft trocken zu bleiben, indem wir uns von einem geschlossenen Gebäude zum nächsten retteten. So sind wir in Camden Town zuerst ins Kino und haben Avengers Assemble angeschaut. Super Film! MUST SEE für jeden, der die Marvel Superheroes mag. Ironman, Hulk, Thor... ein total unterhaltsames Crossover der verschiedensten Heldenfilme. Thor... arrrr....
Aber wie teuer sind den bitte Kinokarten geworden?? Normaler 2D Film, Nachmittagsvorstellung, mit freier Platzwahl umgerechnet 13 Euro pro Karte? Hab ich was verpasst, wann ist denn das passiert? Spielen die Schauspieler den Film live hinter der Leinwand?

Wir sind dann noch in einen Laden um die Ecke und haben dort Getränke und Popcorn gekauft, anstatt im Kino selbst, ansonsten wären die Kosten ins Unermessliche gestiegen. Wow, ich bin geschockt. Wenn es weiter so regnet, wird "mal flott ins Kino gehen" echt teuer. Vor allem unser popliges Kino hier in unserer Straße... das geht mit umgerechnet knapp 10 Euro pro Nase ja noch... aber apropos Nase... es stinkt da drin nach sämtlicher Art von Flüssigkeiten, die in den letzten zwanzig Jahren in den Teppich des Saals (Saales?) gesickert sind. Die Sitzreihen quietschen und knarzen bei jeder Bewegung, und wenn sich auf der Außenseite der Reihe jemand in seinem Sitz zurechtrückt, dann kriegt das die ganze Reihe mit.
Vielleicht könnte man damit noch leben, aber dass das Bild auf der Leinwand so dermaßen unscharf ist, dass sich sofortiger Augenkrebs einstellt... und was bedeuten eigentlich diese braunen Flecken am unteren Rand... da vergeht sofort jegliche Lust auf den Film. Und wenn dann noch der Ton losgeht, der sich anhört, als käme er aus einem Ofenrohr irgendwo an der Decke mit viel zu stark eingeschaltetem Bass, dann wünscht man sich doch lieber nach Hause aufs Sofa zur zigtausendsten Wiederholung von Shutter Island oder The Hangover.

Oder man wünscht sich den Regen weg. Der Frühling hat doch schon lange angefangen. Ach mann.

Der Gawjus sortiert gerade zum zwölften Mal in drei Wochen seine Angelsachen und poliert jedes kleine Blinkerchen peinlich genau. Da steht jetzt wohl bald trotz dem Regen ein Angeltrip an, sonst kriegt er noch ernsthafte Entzugserscheinungen.

Aber noch mehr von unserem Regensonntag in Camden Town. Nach dem Film haben wir ein ziemlich interessantes Restaurant entdeckt. Japanisch. Versteckt in einer kleinen Seitenstraße. Es war noch recht früh, deswegen waren wir die einzigen Gäste. Und ich war ziemlich beeindruckt vom Essen und der Show, die wir dort bekamen, deswegen möchte ich davon schreiben. So als Empfehlung für jemanden, der auf diese Seite hier gerät, nachdem er "interessante Restaurants in Camden Town" gegooglet hat, und einfach mal gucken möchte, was so als Alternative zum "Reis mit Scheiß" an den Fresständen auf dem Markt geboten wird.

Jedenfalls. Wir wurden herzlich im Sen Nin begrüßt (jedoch nicht von Japanern) und an einen der drei Tische geführt, die jeweils im Halbkreis um eine Grillplatte aufgestellt waren. Wirklich sehr nette Bedienungen. Ich finde das manchmal Mangelware in London. Bei dieser Massenabfertigung in der großen Stadt fehlt doch manchmal das Persönliche, wenn man auswärts isst. Das Menü japanisch ausgerichtet, aber mit Erklärung der Zubereitung und des Inhalts. Wir hatten schon einmal eine Erfahrung in einem japanischen Hi-tech-Restaurant, bei dem nichts erklärt war, und wir keine Ahnung hatten was wir da eigentlich bestellten. Es gab auch keine Bedienungen, die man hätte fragen können, weil man das Essen via Touchscreen bestellte, der auf den Tisch projiziert wurde. Im Großen und Ganzen war das aber ziemlich cool und ich frage mich, warum ich noch nicht davon geschrieben habe. Ich hab extra noch ein paar Bilder gemacht, aber die sind auf einer anderen Kamera, die ich gerade verliehen habe. Okay, sobald ich die zurückbekomme, werde ich noch was über das Inamo in Soho schreiben.

Zurück zum Sen Nin. Wir trafen unsere Wahl für Vorspeise und Hauptgericht. Erst war ich ein wenig skeptisch, weil die Vorspeise doch verdächtig schnell gebracht wurde. Mikrowelle? Die Suppe schien auch nicht richtig warm zu sein, aber vielleicht isst man die in Japan ja kalt, wer weiß? Mikrowelle? Und dann ging es los. Ein Koch trat an die mittlerweile heiße Grillplatte und zog eine Show ab, bei der uns Stichflammen und gekochtes Rührei nur so um die Ohren flogen. Sehr sehr cool. Er jonglierte und fuchtelte und hantierte und grinste und kochte... That's Entertainment!



Und am Ende saßen wir da, mit unseren japanisch angehauchten Fischgerichten, und es war lecker. Gawjus mit Lachsfilet, ich mit Seebarsch. Dazu Reis und Gemüse. Simpel aber sehr gut.
Abends kostet das Essen ein wenig mehr als Mittags, aber sie scheinen mit Rabattkärtchen großzügig zu sein, im Sen Nin. Außerdem haben der Gawjus und ich sowieso eine Tastecard, für die wir knapp dreißig Ocken bezahlt habe, und dafür in mehr als 6000 Restaurants in ganz UK entweder 50% Rabatt kriegen oder zwei Hauptspeisen für den Preis von einer. Natürlich gibt es ein paar kleine Haken... zum Beispiel akzeptieren die meisten Restaurants die Karte nicht Freitags, Samstags oder Feiertags, und man muss auch immer vorher anrufen und mit Erwähnung der Tastecard einen Tisch reservieren. Aber im Großen und Ganzen lohnt sich das schon. Allein bei uns im Ort macht jedes zweite Restaurant bei Tastecard mit, auch die Ketten wie Pizza Express, Zizzi oder ASK.

Somit ist die Indoor-Aktivity "Essen gehen" mit "Fett werden" inklusive schon mal gesichert. Hah, Regen, da guckste.

Und es war immernoch Sonntag, es regnete natürlich immernoch, und wir waren immernoch in Camden. Zeit für Bier. Aber so viel Auswahl! Ein Pub nach dem anderen. Und trotzdem fiel die Entscheidung ziemlich schnell: Dublin Castle


Die besten Indie-Bands hat dieser - nicht gerade hübsche - aber endcoole Pub schon auf seiner Bühne auftreten sehen. Amy Winehouse hat sich gerne dort aufgehalten und es sicht nicht nehmen lassen, auch mal hinter dem Tresen auszuschenken. Jeden Tag treten dort die verschiedensten Bands auf, und für gerade mal einen Fünfer ist man mitten drin und dabei.


Doch, an solchen Tagen habe ich wirklich überhaupt nichts gegen "The wettest drought in history"

Aber Regen, jetzt wird es dann doch bald Zeit zu verschwinden. Der Gawjust lässt gerade Wasser in die Badewanne laufen, um seine neuen Gummi-Fischköder-Attrappen auszuprobieren. Ich muss ihn hier rauschaffen, sonst baut er wieder das Zelt im Wohnzimmer auf und spielt Indoor-Angeln. Aaaaaaaaaaaaaaaaah!!!


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen