Montag, 12. Oktober 2009

Tag 178 - Dream of Californication

Nächsten Samstag hab ich Halbjähriges!

6 Monate auf einer Insel
6 Monate Linksverkehr
6 Monate Beans on Toast
6 Monate Zimmer in der Größe eines Handtuchs
6 Monate Schlafabbruch durch Kindergeschrei
6 Monate Drachenmütter mit Hackfressen
6 Monate Bier ohne Schaum
6 Monate Warteschlange an der Bushaltestelle

Aber verdammt, ich liebe es!
Ich denke, England war die beste Entscheidung meines Lebens.

Es schien mir noch nie so einfach, mich selbst zu motivieren den Arsch aus dem Haus zu bewegen und etwas Neues auszuprobieren. Jeden Tag zu einem Abenteuer zu machen.

Letzte Woche am Mittwoch hatte ich einen freien Tag und bin morgens mit dem Gedanken aufgewacht, mir die Tate Galerie anzusehen. Vor ein paar Wochen hatte ich von William Turner gehört. Ein Maler, der schon sehr jung sehr erfolgreich wurde. Und irgendwie ließ mich seine Geschichte nicht los. Ich spürte tatsächlich Interesse, mir seine Bilder anzusehen. Und zwar nicht bei Google, sondern im Original.

Meine Touristenphobie ist nicht wirklich besser geworden, deswegen hab ich mal wieder alles Zuhause gelassen, was mich outen könnte. Leider hatte ich vor lauter Spontaneität auch nicht nachgesehen, wo sich die Turner Ausstellung oder die Tate Galerien überhaupt befinden. Ich wusste nur vage eine Richtung, direkt am Ufer der Themse.

Muss ich erwähnen, dass ich mich zum zweiten Mal hoffnungslos in Waterloo verlief?

Stunden später erreichte ich das Tate Modern. Turner ist jedoch im Tate Britain zu finden. Aber es gibt die geniale Erfindung des Tate-to-Tate-Boot, das einen alle 40 Minuten über die Themse zur anderen Galerie schippert. Genau das hatte ich vor.
Die Fahrt war nur knapp zwanzig Minuten, aber wirklich ein nettes Gefühl, London mal vom Wasser aus zu sehen. Das Beste war auch, dass ich beim Abkassieren irgendwie übersehen wurde und so zu einer gratis Bootstour kam.
Ich hab aber im Tate drei Pfund in den Kasten für Spenden geworfen. Es tut mir immer noch ein wenig Leid, dass ich letzten Sonntag den Pfarrer nicht für voll nehmen konnte und den Sonntag davor fremdes Geld zu Braten gemacht habe. Ich frage mich, wann ich die Quittung für all die schlechten Taten bekomme.


Die Turner-Ausstellung war nicht sehr gut besucht und dementsprechend ruhig war es in den Räumen. So wie die Kirche ihre eigenen Geräusche hat, so kann man auch die von Galerien bestimmen, finde ich. Man hörte die Schritte der Besucher auf dem Holzboden. Aber es hört sich dort nicht an wie laufen, sondern eher wie schreiten. Und so schritt auch ich durch die Räume (in meinen neuen Schuhen!) und sah mir Turners Werke an.
Es ist so hart, wenn man keine Ahnung davon hat. War das jetzt betrachten, was ich dort machte? Oder einfach nur zur Kenntnis nehmen? Es war jetzt nicht so, dass ich es Scheiße fand. Nein, schöne Farben. Relativ warm und optimistisch. Bissel kitschig manchmal.
Ich las die kleinen Tafeln neben jedem Bild mit der Jahreszahl und der Beschreibung. Ein Bild war von 1792, da war Turner gerade 17 Jahre alt. Und ja, ich konnte tatsächlich sehen, dass sich sein Stil mit zunehmendem Alter veränderte.
Ich fand es cool, dass er sich die Figuren aus einem depressiv düsteren Bild von Titian auslieh, und in eine helle Umgebung einarbeitete.
Interessant war auch, dass er viel Zeit in Italien und Deutschland verbrachte und seinen Eindrücke auf Leinwand brachte. Er malte ein Bild von Heidelberg und er mochte scheinbar Walhalla an der Donau.

Es dauerte nicht allzu lang, bis ich durch war. Aber echt gut, es gesehen zu haben. Mein erstes kulturelles Erlebnis in London. Hat jetzt ja auch sechs Monate gedauert.

Stimmt nicht ganz. Nach wie vor habe ich die Leidenschaft für Musikkultur. Rockmusikkultur.

In ein paar Wochen stehe ich auf der Bühne… ich bin in einer Band!

Nein, ich spiele nicht mehr den/die/das Tambourin. Dieses Wochenende hatte ich meinen musikalischen Durchbruch und bin jetzt am Keyboard verpflichtet. Erst war es nur ein winziger Part im Song, den ich klimpern sollte. Aber nach der letzten Jam Session spiele ich den kompletten Song durch.
„Californication“ von den Red Hot Chili Peppers studieren wir gerade ein. Alt, aber gut. Eine Gitarre, ein Bass, ein Keyboard, eine Stimme.
Es macht so unglaublich viel Spaß!

Ich hoffe, demnächst mal eine Aufnahme davon hinzubekommen. Wird dann hier online gestellt.

Einen Nebenjob habe ich voraussichtlich auch. Ich kann mir als DJ Handlanger an ein paar Wochenenden fünfzig Kröten pro Abend verdienen. Mein Job besteht darin, hinter den Turntables zu stehen, wenn der DJ rauchen geht und im richtigen Moment den richtigen Knopf zu drücken. Klingt machbar.

Gruß von der Insel

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