Freitag, 30. Oktober 2015

Horror Hormone

Auch wenn ich dachte, dass mich die Schwangerschaftshormone sicher gar nicht beeinflussen würden, schließlich sind Hormone nur etwas für pubertierenden Teenager und man ist ja schließlich schon ausgereift und hat auch so etwas wie Stolz. Da hatte ich die Rechnung ohne das plötzliche Eigenleben meines Hormonhaushaltes gemacht. Zunächst brachte er mich nur zum Niesen. Wahrhaftig. Seit frühestem Zeitpunkt muss ich jeden Tag zuverlässige drei Mal niesen.
Ich bin mir sicher, dass das Wort "Einnistung" im Zusammenhang mit Schwangerschaft damals falsch übertragen wurde, und eigentlich sollte es "Einniestung" heißen. Angeblich ist das eine normale Erscheinung, und auf die Hormone zurückzuführen.

Eine andere Sache, die mich wie ein Knüppel traf, ist das vernunftswidrige Weinen. Folgende Sachen haben mich bisher zum Heulen gebracht :

- Ein Stein, der die Form einer Maus hat

- Ein Foto meines einjährigen Neffen, auf dem er gerade enttäuscht das Gesicht verzieht, weil er nicht mit dem gefährlichen Gegenstand spielen darf

- Mein Optiker, der meine Kontaktlinsen nicht finden konnte.

Vor allem letzteres führte dazu, dass zwei Optikangestellte und der Optiker himself hektisch alle Schränke durchwühlten um die hysterisch schluchzende Schwangere ruhig zu stellen. Stolz? Welcher Stolz? Zumindest führte dieser Zwischenfall zum Erfolg und außer meiner Linsen bekam ich noch ein paar Sachen für komplett umsonst zugesteckt. (Stolz?)

Die Situation mit dem Maus-Stein war die allererste und verunsicherte mich ganz ungemein. Es war ein normaler, entspannter Urlaubstag in Cornwall, als der Gawjus und ich über einen lokalen Künstlermarkt schlenderten. Mein Blick fiel auf einen Stand, an dem die Künstlerin Objekte ausgestellt hatte, die allein aus Fundstücken vom Strand hergestellt waren. Skulpturen aus Treibholz, Schmuckschatullen mit Muscheln beklebt, ihr kriegt eine Idee davon.
Außerdem eine Reihe von diesen tiefen Kastenbilderrahmen, in denen sie mit Steinen, Pflanzen und Seeglas ganze Szenen gestaltet hatte. Diese Bilder weckten sofort mein Interesse. Und zu meinem Entsetzen fand ich den Stein, der wie eine Maus aussah so schön, dass mir die Tränen erst in die Augen schossen und dann dick auf der anderen Seite herausquollen. Na so was. Ich tat so als hätte ich einen spontanen Schnupfen eingefangen und tupfte mit einem Taschentuch herum. Da die Tränenflut nicht stoppen zu schien verabschiedete ich mich spontan in eine öffentliche Toilette. Und da stand ich also, in der müffelnden Kabine, den Kopf über mich selbst schüttelnd während meine Augen immernoch vor sich hin wässerten.

Wieder am Tageslicht brachte ich es schließlich fertig das Bild zu kaufen. Es wird einmal im Babyzimmer hängen, als Erinnerung nicht nur an einen schönen Urlaub, sondern auch daran, dass es mich in ein schniefendes Wrack verwandelt hatte. Ein Andenken an die irrationalen Hormone.


Dienstag, 27. Oktober 2015

Schwanger? Wen juckt's...

Natürlich habe ich keinen richtigen Vergleich, wie diese Sache in Deutschland so vor sich geht. Einige Sachen weiß ich von meiner Schwester, die vor etwas über einem Jahr ihren kleinen Prachtskerl zur Welt gebracht hat. Ansonsten bin ich sehr uninformiert über alles, das Sargnägel im vorgeburtlichen Alter angeht.

Jedoch das erste, das mir in England auffiel war das ärztliche Desinteresse, als der Zuhause-aufs-Stäbchen-Pinkel-Test das dicke, fette Plus für Positiv anzeigte, da war mein Pinkelstrom noch nicht einmal versiegt, so schnell ging das. Ohnmachtsanfall, Tanzanfall, panisch um den Couchtisch renn Anfall. Was nun?

Anruf in der Artztpraxis, Termin für irgendwann in drei, vier Wochen vereinbart. Früher ging nicht. Das gab mir Zeit noch auf mehrere Stäbchen verschiedener Fabrikate zu pinkeln, die alle das selbe Endergebnis vorzeigten. Ja, Pinkeln war und ist sowieso noch ein großes Thema.

Schließlich, der Termin. Ich rechnete mit Bluttest, Urintest, irgendetwas das nachweisen würde, dass die unscheinbaren Plastikstäbchen die Wahrheit prophezeit hatten. Doch dem sollte nicht so sein. Gähnend fragte die Ärztin in welcher Woche ich mich den befinden würde. Äh... ok. Waghalserische Rechnerei, wahrscheinlich 7 oder 8. Ok, gähnte die Ärztin wieder. Sie würden mir einen Brief schicken mit Ultraschalltermin. Das wars.

Nach Hause geschickt mit weiteren fünf Wochen Ungewissheit. War ich echt? Echt jetzt?
Morgenübelkeit begegnete mir keine. Allein der Hunger, der mich alle zwei Stunden befiel wies darauf hin, dass etwas nicht ganz normal war. Auch die Müdigkeit, die Unfähigkeit nur zehn Treppenstufen zu steigen ohne schwer atmend einen Mittagschlaf herbeizusehnen. Mittagschlaf, also wirklich. Trotzdem fehlte mir der hieb- und stichfeste Beweis.

In der Zwischenzeit flatterte ein Brief ins Haus - Termin bei der Hebamme. Schön ins nachbarörtliche Krankenhaus getuckert und in einen Wartesaal gesteckt worden. Tausend Fragen zu krankheitlichen und familiären Vorgeschichte beantwortet. Endlich auch Blut und Urin abgenommen, aber immernoch kein professioneller Test. Bis hierhin hatte allein mein Wort gereicht.

Der erste Pinkelstab war Mitte Juli. Anfang September dann endlich ein Ultraschalltermin. 12 Wochen war ich mittlerweile. Und bis zu dem Moment, als ein zappelnder menschlicher Umriss auf dem Bildschirm zu erkennen war, konnte ich mir nicht vorstellen, dass da tatsächlich ein echtes Lebewesen in meinem Unterbauch herumschwimmen sollte. Aber da war er: Der Sargnagel.

Und nun, in der 20. Woche wird mein Bauch dicker, meine Hüften breiter, mein Hunger wieder kleiner, die nächtlichen Pinkelpausen öfter, und die ganze Sache immer echter. Wir kriegen ein Kind. Zu Hülf!!! Wie geht das? Ich glaube, das werde ich jetzt doch langsam einmal herausfinden müssen.

Frischer Wind... oder frische Windeln?

Folgende Themen hat dieser Blog schon behandelt:

  • Aupair in London
  • Nicht mehr Aupair in London
  • Jobsuche in England
  • Wohnungssuche in England
  • Mit einem Engländer zusammenleben
  • Besagten Engländer heiraten

Und jetzt brandaktuell der Beginn einer neuen Ära:

  • Schwanger in England

Liebe Leserschaft, es gibt Nachwuchs. Ein ganz eigener Sargnagel hat sich alienartig in meinem Unterkörper eingenistet, und wartet geduldig auf den richtigen Zeitpunkt um mit einem dramatischen Auftritt ans Tageslicht zu treten, und die Fäden meines Lebens in seine kleinen dicken Fäuste zu nehmen. Gerade einmal 15cm lang schon das Zentrum des Universums. 250g geballte Menschlichkeit, die einmal Einfluss auf den Verlauf der Welt nehmen könnte.

Coming soon... Windelkacker März 2016