Sonntag, 31. Mai 2009

Woche 7 - Pimp my Lebensqualität

Ich glaube, wenn Bromley ein Stadtteil von Berlin wäre, in dem es schwäbisches Essen gäbe, aber mit Stäbchen, dann würde ich dort den Rest meines Lebens verbringen.

Diese Woche hatte ich fast komplett frei. Es war absolut ereignisreich:

Kindergeburtstag, Klaras Drama, Wiedersehen mit einer langjährigen Freundin, Party in Bromley.

Die Große ist jetzt 7 Jahre alt!
Sie wurde überhäuft mit Geschenken, alles komplett in pink, ihrer Lieblingsfarbe.
Habe festgestellt, dass es nicht üblich ist, selbst einen Geburtstagskuchen zu backen. Im Kaufhaus gibt es bestimmt 50 verschiedene Kuchensorten für alle Anlässe und jeden Geschmack. Harry-Potter-Kuchen, Barbie-Torte, Roald-Dahl-Cupcakes. Echt beeindruckend. Oder auch nicht.

Wir hatten jedenfalls eine kleine Gartenparty mit kaltem Buffet. Oh wow, ich hab zum ersten Mal seit Wochen wieder Vollkornbrot gegessen. Salamibrot, ich liebe es.

Am selben Tag hat mich Klara total aufgelöst angerufen, sie hätte Streit mit ihrer Gastmutter. So bin ich nach der Party nach Bromley gefahren und hab mir die Geschichte angehört. Scheinbar ist sie bei einer cholerischen Single-Mum gelandet, die ihr erzieherisches Versagen gerne mal dem Aupair zuschiebt. Gosh, bin ich froh, dass meine Gastfamilie toll ist.

Jedenfalls war Klara im Laufe des Abends wieder genug stabilisiert, so dass sie am nächsten Tag problemlos mit ihrer Agentur telefonieren würde. Ich bin danach noch eine Weile im Pub sitzen geblieben und hab mich mit den Leuten dort unterhalten. Die Freaks haben sich an meine Anwesenheit gewöhnt und scheinbar bin ich selbst freakig genug, dass sie mich als eine von ihnen betrachten. Sie sind total herzlich, hilfsbereit und freuen sich, dass sie jetzt eine „Exotin“ am Tresen sitzen haben, der sie jede Menge Informationen, Insidertipps und Empfehlungen geben können. Und wirklich jeder, der mitkriegt das ich Deutsch bin, fängt plötzlich an mit irgendwelchen deutschen Sätzen um sich zu schmeißen, die irgendwo mal aufgeschnappt worden sind.

„Ick wunschte deine were meine“

„Alles gutt?“

„Ick wollen Sie fragen ob sprecken Sie Deutsch“

„Ick bin keine Sweinenacke“ (was auch immer das bedeuten mag)

Es ist mir manchmal unangenehm, Ausländerin zu sein. Ich habe immer das Gefühl, besonders aufpassen zu müssen, dass ich niemandem aus Versehen auf die Füße trete oder all zu viele Fettnäpfchen durchpflüge. Oder mal ein Danke und Entschuldigung vergesse.

Zwischen den Freaks allerdings fühle ich mich wohl. Ich kann dort genau so sein wie ich bin und sagen was ich denke. Eben Letzteres funktioniert auf Englisch sowieso besser als auf Deutsch, finde ich, weil es in der englischen Sprache einfach bessere Wörter gibt um sich mündlich auszudrücken. Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Englisch ist irgendwie… direkter, unkomplizierter, schöner.

Als ich dann jedenfalls wieder viel zu früh zum letzten Bus musste, hatte ich zwei Telefonnummern, eine Einladung zu einem Konzert und eine zum Cricket. Hey wow, ich fang echt an, hier Leute zu kennen.

Mittwochs, 11 Uhr, hatte ich wieder eine Verabredung auf dem Trafalgar Square. Diesmal aber nicht meine Cousine… sondern… tadaaa…

INDRA!


Gosh, war ich nervös. Wir haben uns das letzte Mal vor drei Jahren gesehen. Und dann, plötzlich, stand sie vor mir. Wahnsinn!

Das Wetter war extrem schlecht an dem Tag. Bisher hab ich es so erlebt, dass es nur morgens Regen gibt, der dann am frühen Vormittag so plötzlich aufhört, als hätte jemand den Wasserhahn zugedreht. Aber am Mittwoch schien der Himmel so gar nicht aufzureißen, trotz allem Optimismus.

Indra, ihre Freundin Meike und ich sind trotzdem nach Camden Town gefahren und über den Markt geschlendert. Der ist übrigens auch unter der Woche sehenswert, nicht nur an den Wochenenden. Und es ist nicht ganz so viel los. Gut zu wissen, ich glaube dort werde ich noch ein paar Mal landen.



Lunch hatten wir in Chinatown beim Piccadilly Circus. Natürlich sehr auf Touristen abgezielt, aber auch erlebenswert.



Ich find die Frau mit dem flatternden Kopftuch toll, die mir irgendwie ins Bild geraten ist:


Danach war die Oxford Street fällig. Mittlerweile hatte es auch endlich aufgehört zu regnen. Im Strom der Menschenmassen (ich liebe es… NICHT!) sind wir durch die Straße geflossen. Wir haben nicht einmal ein Drittel der kompletten Oxford Street abspaziert, es war trotzdem extrem anstrengend.

Am Donnerstag war Open Mic in „meinem“ Pub, das durfte ich auf gar keinen Fall verpassen. Klara war auch wieder dabei. Am Wochenende kommt ihr Freund nach London um sie abzuholen, weil sie unter gar keinen Umständen mehr bei ihrer Gastfamilie bleiben will und kann. Aber sie werden noch zwei Wochen in einem Hotel hier in der Gegend wohnen und etwas Urlaub machen. Außerdem wollen sie ein Auto mieten und in die Londoner Umgebung und Richtung Küste fahren… und… hurra… mich mitnehmen, yay!

Der Open Mic Abend war klasse! Eine Bühne, spontane Musiker, improvisierte Besetzung, leichter Geruch von Marihuana und bekannte Songs. Die kuriosesten Instrumenten-Kombinationen waren Mundharmonika, Saxophon und Bongo-Trommeln, dazu zweifelhafter Gesang… aber Stimmung!

Einen der Solo-Gitarristen fand ich ganz besonders interessant. Ein älterer Mann, winzig klein und superdünn. Seine dunklen Haare trug er lang mit einem stufigen Damenschnitt und dazu ausgewaschene Jeanshosen und Jeansjacke. Und natürlich Cowboystiefel. So ein richtiger Rock-Opi, der bestimmt irgendwann mit einer Gitarre und einer Flasche Whiskey beerdigt wird. Und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ich mich mit ihm unterhalten wollte. Tatsächlich landete er nach dem Auftritt irgendwie neben mir am Tresen und stellte sich als Jerry vor. 63 Jahre ist er alt, Songwriter, und lebt absolut für seine Musik. Jeden Sonntag tritt er mit seiner Band in Camden auf, und ich solle unbedingt mal vorbeikommen. Werd ich machen!

Vom Alter und Typ her passte er ja wunderbar, also fragte ich ihn ob er jemals im Marquee Club gewesen sei (man erinnere sich aus letzter Mail).

Ob er dort schon gewesen sei? Lautes Lachen. Dort hätte er früher schon so oft auf dem Boden der Herrentoilette gelegen, das könne er gar nicht zählen! Und es folgte ein Schwall von Bandgeschichten und wie nahe er dort seinen großen Idolen gekommen sei… und wie sehr er die gute alte Zeit vermisst. Da konnten wir kollektiv seufzen. Ich wünschte, ich hätte diese gute alte Zeit erlebt.

Jerry ist cool. Ich werde auf jeden Fall eines dieser Sonntagskonzerte besuchen.

Hier sieht man übrigens Barkeeper Keith, der eine Wette verloren hatte und eine halbe Stunde in Unterhose ausschenken musste:



Und viel zu früh war es 11 Uhr… Unter der Woche leider Sperrstunde.

„Psst, bleib einfach sitzen, wir machen noch einen Lock in!“, flüsterte mir irgendjemand im Vorbeilaufen zu. Louise, die Frau vom Chef

Lock in?

Hah, und seit Donnerstag bin ich wirklich aufgenommen in die geschlossenen Gesellschaft des Look-a-likey-Pub oder Freak-Pub… oder einfach in „meinem“ Pub. Als nämlich nur noch acht Leute übrig waren, mich mitgezählt, wurde der Pub verriegelt, die Vorhänge zugezogen, die Zigaretten ausgepackt und munter weiter ausgeschenkt. Ein Lock in. Und ich war dabei! Wow!

Während ich mit ein paar Leuten in ungefähr meinem Alter ins Gespräch kam, stellte sich raus, dass einer von ihnen nur ein paar Straßen von mir entfernt wohnt. Und ob ich mir nicht ein Taxi mit ihm teilen wolle, dann müsse ich nicht den letzten Bus nehmen. Ob das nicht zu teuer sei, hab ich etwas zweifelnd gefragt.

„Tenner!“, antwortete der Skinhead, der sich selbst Fighter nennt und zuckte mit den Schultern. Zehn Pfund also. Okay, nicht ganz so teuer wie ich gedacht hatte.

„Aaaaber!“, korrigierte ein Langhaariger, der sich als Ross vorstellte (Ich find den Namen schrecklich, muss immer an Ross Anthony denken. Und an Pferd) „Aaaaber, bis der erste Bus fährt sind sowieso nur drei Stunden totzuschlagen!“ Und er stellte eine schwer über den Daumen gepeilte Rechnung auf, dass wir ja sowieso noch bis mindestens zwei Uhr hier im Pub bleiben würden und dann bis fünf Uhr bei ihm Zuhause noch weiterfeiern könnte. Eben, bis der erste Bus fährt.

Interessante Argumente.

Nach einem sympathischen „Hey, wir haben uns grade erst kennengelernt, du kannst jetzt nicht einfach nach Hause gehen.“, von Seiten eines Afro-Karibes (Wie nennt man die Einwohner Trinidads?) namens Dave, hab ich mich dann doch entschlossen den letzten Bus sausen zu lassen und einen weiteren Snakebite (Strongbow + Lager + Blackcurrant juice) zu bestellen.

Ich hab mich sehr gut mit den Freaks amüsiert. Aber mir war ziemlich schnell klar, dass die Frage „Rauchst du?“ nicht gerade auf Tabak bezogen war. Egal, ich hab kein Problem damit, solange ich nicht mitrauchen muss.

Wie von Ross vorhergesehen, war es ungefähr zwei Uhr, als wir durch die Hintertür in die Nacht entlassen wurden. Viiiiel zu früh, um jetzt schon ein Taxi zu rufen. So die Aussage von Fighter. Also haben wir uns zu fünft auf den Weg zu Ross nach Hause gemacht, wo bei meinen frisch gewonnenen Freunden auch sofort der Fressflash einsetzte. Es gab Mikrowellen-Pizza.



Während wir so saßen und aßen, lief nebenher auf stumm geschaltet ein Porno, den aber niemand groß beachtete.

Ich war nicht wirklich betrunken. Und geraucht hatte ich selbstverständlich nichts. Aber ich glaube genau in diesem Moment ist auch mein Herz vollständig in England angekommen. Da mit diesen Leuten in einem Raum zu sitzen, die man gerade erst getroffen hatte, aber schon seit Jahren zu kennen schien. Und für ein paar Sekunden war es absolut unvorstellbar für mich, dieses Land jemals wieder zu verlassen.

Es war einfach die Atmosphäre. Das war eine von diesen Nächten, die nie enden sollten, weil sie absolut vollkommen aber unwiederholbar sind. Obwohl wir nur Unsinn quatschend auf den Sofas gesessen sind, während im Fernseher tonlos fleischfarbene Pixel im Takt wippten: Ich war plötzlich restlos zufrieden. Und obwohl ich heute nur noch grinsend denke: „Gosh, was war DAS denn für eine Aktion?“, hält die Zufriedenheit an. Die Nacht war eine Art „Pimp my Lebensqualität“. Ob die Lads jetzt nur eine oberflächliche Bekanntschaft bleiben, oder sich zu Freunden entwickeln… egal. Ich bin zufrieden.

Ich freu mich auf das nächste Mal. Schätze mal, ich werde erst am Freitag wieder in den Pub gehen. Nächste Woche hab ich einige lange Arbeitstage und dazu noch College – übrigens werde ich voraussichtlich ein Examen machen, aber ich weiß noch nicht so richtig wie das abläuft. Wahrscheinlich kriege ich dann ein Zertifikat, das ich mal für Bewerbungen verwenden kann. Nunja, kann nur nützlich sein.

Mit zunehmendem Alter kommt wohl auch der Ehrgeiz. Ich bin Klassenbeste, arbeite äußerst gewissenhaft an meinen Hausaufgaben und ich kann es verflucht noch mal nicht leiden, wenn ich abgefragt werde und sich irgendwo ein Fehler in meine Übungen geschlichen hat. Perfektionismus im Anfangsstadium… dass das MIR mal passieren könnte…

Aber ich will einfach, dass mein Englisch perfekt wird, und zwar sofort.

Im Großen und Ganzen läuft die Verständigung aber prima. Es kann nur vorkommen, dass mir hin und wieder jemand mit Cockney-Englisch begegnet. Ach verdammt, das ist ja wie Geheimsprache. Mal vom bösen Akzent abgesehen werden sogar komplett andere Worte verwendet, die sich nur annähernd mit dem ursprünglichen Wort reimen.

Meistens sind es übrigens Hackfressen, die für mich total unverständliches Kauderwelsch von sich geben. Was ist da nur mal schief gelaufen?

So, ich werde jetzt mit den Kindern auf den Spielplatz gehen. Mal sehen, ob der Nachbar mit seiner Wochenend-Tochter auch wieder mitgeht. Der ist ganz nett, aber irgendwie seltsam. Er bietet auf dem College Kurse an, wie man lernt mit Toten zu kommunizieren. Ich hoffe, er nimmt sich nicht ab und zu etwas Arbeit mit nach Hause.

Sonntag, 24. Mai 2009

Tag 37 - Google Pub View

Google Earth hat mich ja schon von den Socken gehauen. Aber jetzt hat sich Google selbst noch mal übertrumpft:

Google Street View heißt das neue Wunder. Davon hab ich schon vor eine Weile gehört, ist grade auch sehr aktuell, aber irgendwie ist es bisher doch noch an mir vorbei gegangen. Als ich aber heute mit Google Maps eine Straße in London gesucht habe, wurde mir Street View angeboten. Und siehe da… Wahnsinn. Man kann die Straßen auf der Karte „abfahren“, als wenn man gerade selbst dort unterwegs wäre. Ein Mausklick bringt einen ungefähr 10 Meter weit.

Die Macher von diesem Dienst sind dazu mit Fahrzeugen unterwegs, auf denen mehrere Kameras montiert sind. Sie fotografieren jede Straße im 360-Grad-Blick ab. So trifft man auf der virtuellen Fahrt auch auf Passanten und ganz normalen Straßenverkehr, sieht Baustellen, Polizisten, Leute in Straßencafés. Verdammt, Sightseeing ohne das Haus zu verlassen. Sogar von Freddie Mercurys Haus sieht man mehr als wenn man live dort ist, weil die Kamera fast so hoch ist wie die Mauer.



Ich bin jedenfalls davon begeistert.

Aber Street View hin oder her, ich werde das Haus natürlich trotzdem noch verlassen.

Diese Woche ist es mir schwergefallen, da ich mir die gemeine Schlafkrankheit eingefangen habe. Zusätzlich mit einer netten Migräne, die drei Tage angehalten hat. Zum Glück hab ich Oropax und dicke Vorhänge im Zimmer. Da hilft nur nix sehen, nix hören und schlafen was das Zeug hält. An Tag vier hab ich mir dann doch mal wieder frische Luft und Bewegung verschrieben und bin wie eine Irre durch den Park gelaufen. Aber sogar da hat mich der Schlaf eingeholt, als ich mich für eine Weile ins Gras gelegt habe um die Sonne zu genießen. Ein Mann mit Hund hat mich dann geweckt, weil er nicht sicher war, ob ich noch am Leben bin.

Ich hatte außerdem Zeit, mir ein paar Gedanken zu machen. Und immer wieder hat sich mir die Frage aufgetan, was ich denn in den nächsten Monaten eigentlich alles anstellen will in London. Vor der Abreise hatte ich nicht wirklich Zeit dazu, mich auf diese absolut vielseitige Stadt vorzubereiten. Und mein Reiseführer ist auch jetzt noch so gut wie ungelesen.

Ich meine, eigentlich bin ich ja die größte Kulturbanause unter der britischen Sonne. Ich hab noch keine Sekunde mit dem Gedanken gespielt, das British Museum zu besuchen, um mir ein paar tote Sachen unter Glashauben anzusehen. Ganz einfach, weil ich Museum zum Sterben langweilig finde. Und da ändert auch nichts dran, dass Museen jetzt scheinbar total „lebendig“ und „innovativ“ sind und die ägyptischen Moorleichen sich selbst vorrappende Plastikschildchen haben. Laaangweilig.

Immerhin war ich schon in der National Gallery… wenn auch nur, um mich vor einem unerwarteten Regenschauer unterzustellen. Aber ich fühl mich nicht wohl dabei, die Werke der alten Meister zu betrachten. Irgendwie hab ich das Gefühl, dass ich diesen Bildern nicht den Respekt zukommen lassen kann, die sie eigentlich verdient hätten. Ich nehm sie eben zur Kenntnis, und das war’s auch schon.

Ganz im Gegensatz dazu steht meine Liebe zur Musik. Und in London bin ich gar nicht so fehl am Platz damit, schließlich ist die britische Musikkultur legendär! Ich habe sowieso schon seit dem ersten Besuch in Kensington das Gefühl, auf Freddie Mercurys Spuren zu wandeln. Warum sollte ich meine Pilgerfahrten nicht noch ein wenig ausdehnen um weitere Orte zu besuchen, an denen Musikgeschichte geschrieben wurde? Ich bin ja jetzt schon mitten drin: Knappe fünf Kilometer von hier, in Dartford, sind Mick Jagger und Keith Richards zum ersten Mal aufeinander getroffen. Ein dreiviertel Jahr später hatten sie den ersten Auftritt als The Rolling Stones. Den Club in Soho gibt es heute zwar nicht mehr, aber ich werde trotzdem mal hinfahren um zu sehen, ob es noch ein paar Hinweise gibt. Auch Queen ist im Marquee Club aufgetreten, Pink Floyd, Jimi Hendrix, The Who und noch mehr legendäre Bands.

Google Street View hat mir zwar schon verraten, dass ich dort nur noch Loft Apartments antreffen werde, doch ich will wissen, wie lange der Pub schon existiert, der nur ein paar Meter weiter ist. Vielleicht gibt es dort ein paar Altrocker, die mir von den wilden Siebzigern erzählen wollen. Vielleicht ein wenig sehr naiv gedacht, aber ich hab das Gefühl, dass in London nichts unmöglich ist.

Und mittlerweile hab ich tausend Ideen für Plätze mit musikalischem Hintergrund, die ich unbedingt besuchen muss. Angefangen beim Abbey-Road-Zebrastreifen, bis zum ehemaligen Wohnhaus von Jimi Hendrix. Ich find es nicht nur spannend, sondern es ist auch eine Gelegenheit so viel wie möglich von London zu sehen, ohne dass ich ziellos durch die Gegend irren muss wie beim ersten Stadtausflug vor ein paar Wochen.

Ich werde auf jeden Fall davon berichten.

Ansonsten hab ich nicht wirklich viel Neues erlebt. Außer, dass ich mit Klara, der Tschechin, gestern Abend im Bromley Freak-Pub war. Der ganze Abend hat schon irgendwie niedlich angefangen, als im Bus meine Oyster Card versagt hat. Wahrscheinlich muss ich wieder Guthaben aufladen. Jedenfalls hatte ich auch nicht genug Kleingeld für ein Busticket und der Busfahrer wollte den 10-Pfund-Schein nicht annehmen.

Zur Rettung kam mir plötzlich ein hübscher Kerl mit asiatischem Einschlag, der total selbstverständlich mein Ticket bezahlte. Wow, ich hab den ersten britischen Gentleman getroffen! Ich war entzückt und hab ihn sofort auf einen Drink eingeladen. Aber leider musste er ablehnen. Der Gentleman war erst 15.

Klara hat im Pub-Biergarten das erste Radler ihres Lebens getrunken. Sie meinte, in Tschechien würde niemand auf die Idee kommen, Bier mit Limonade zu mischen. Aber sie fand es toll. Auch von der Wahl des Pubs. Die Freaks waren so zahlreich anwesend, dass ich ihr wirklich nicht zu viel versprochen hatte. Wir haben uns wunderbar über das vielseitige Publikum amüsiert.



Als die Sonne verschwunden war, haben wir die Plätze an den Tresen verlegt und auch das Getränk gewechselt. Whiskey-Cola statt Radler. Irgendwann gegen zehn hat Klara dann verkündet, betrunken zu sein und ist in Richtung Bushaltestelle getorkelt. Mir war es noch ein wenig zu früh. Irgendwie fehlte noch ein Highlight. Und so saß ich weiterhin am Tresen und beobachtete die Leute.

„You are a people watcher.”, stellte plötzlich ein Typ mit irischem Akzent neben mir fest, der eine verblüffende Ähnlichkeit mit Dustin Hoffman hatte. Verdammt, war das so offensichtlich, was ich hier machte? Whiskey sei Dank hab ich wohl nicht mehr unauffällig beobachtet, sondern ganz direkt gestarrt.

Ich mochte Dustin sofort. Seine Lieblingsbeschäftigung schien auch beobachten zu sein. Und er meinte, dafür sei der „Look-a-likey-Pub“ besser als jeder andere in Bromley geeignet.

Moment, der „Look-a-likey-Pub“??

Ja, meinte er. Weil die meisten hier jemandem ähnlich sehen würden.

Und diese Feststellung von einem Kerl, der wie Dustin Hoffman aussieht! Ich hab mich gefragt, ob ihm das überhaupt bewusst ist.

Mein Staunen hat er wohl als Unglaube gewertet, denn er hat mir sofort das mehr oder weniger prominente Publikum vorgestellt.

„Das ist Alice Cooper!“, meinte er und zeigte auf einen Mann am Tresen, der tatsächlich etwas entfernt Ähnlichkeit mit dem Rocker hatte.

„Und dort ist Billy Idol.“ Eine Frau mit kurzen blondierten Stachelhaaren und Streifenpullover.

Mich hätte es fast umgehauen vor Lachen. Nachdem wir zusammen noch die Desperate Housewives, Kurt Cobain, Toni Blair, Montserrat Caballe und den Village Idiot identifiziert hatten, musste ich los. Der Look-a-likey-Pub hat gelockerte Sperrstunde, aber der letzte Bus fährt schon um kurz nach Mitternacht. Wenn ich den verpasst hätte, wäre ich echt aufgeschmissen gewesen. Ich muss unbedingt rausfinden, ob es irgendwo einen Nachtbus gibt. In zwei Wochen ist Pink-Floyd-Nacht mit einer Coverband, die wohl nicht schlecht sein soll. Dustin, der eigentlich Noel heißt, ist auch wieder da.

Sonntag, 17. Mai 2009

Tag 30 - Morning has broken

Und der Morgen erbrach sich auf meine Füße

7 Uhr 7: Ich schwanke übernächtigt aus meinem Zimmer in Richtung Badezimmer. Oh gosh, ich bin müde. Richtig müde. Es ist Sonntag, verdammt. Warum können die Kids einfach nicht ausschlafen? Ich kriege kaum meine Augen auf, und muss gleich den Gasherd bedienen. Wahrscheinlich fackel ich meinen Ärmel ab. Überlege kurz, ob ich kalt duschen soll, aber allein beim Gedanken daran fange ich an zu frieren.

Auf halbem Weg treffe ich auf den Kleinen. Er drückt mir seinen Zahnputzbecher in die Hand. Angestrengt blinzle ich, kann darin aber nur einen schwarzen, verschwommenen Fleck erkennen.

„What’s in it?“ Ich halte den Becher näher an mein Gesicht und langsam zeichnet sich ein Umriss ab, der mir nicht so ganz geheuer ist.

„A spider!“, meint der Kleene triumphierend.

PFUI SPINNE!

7 Uhr 8: Ich bin wach!

Sie leiden unter Morgenmüdigkeit? Testen Sie Aupair-Schock. Aupair-Schock befreit Sie vom lästigen Ruhepuls und steigert den Druck in Ihren Arterien innerhalb von Millisekunden. Gleich nachdem Sie das Bett verlassen haben, bringt ihnen Aupair-Schock das wundervolle Gefühl eines Bungee-Sprungs, rückwärts, mit verbundenen Augen, ohne Seil. Ein unvergessliches Erlebnis für Ihre vernachlässigten Nerven. Aupair-Schock. Ab heute erhältlich in Ihrer Gastfamilie.

Themenwechsel.

London was calling!

Um halb zehn saß ich mit einem Pappbecher-Kaffee auf dem Trafalgar Square und hab Touristen geärgert, während ich auf Hannah und Patrick wartete. Ich saß sehr ungeschickt… für die Touristen. Beim Versuch die Brunnen mit der National Gallery zu fotografieren mussten sie mich notgedrungen mitfotografieren. Gerne würde ich wissen, in wie vielen Urlaubsalben ich jetzt verewigt werde.

Sehr nett finde ich auch die Touris, die mir ihre Canons in die Hand drücken um sich von mir fotografieren zu lassen. Okay, ich bin sowieso nicht sehr gut im Bilder schießen, aber für die I HERZ LONDON-Shirt-Träger gebe ich mir extra viel Nicht-Mühe. Da ein wenig Kopf abschneiden, hier ein wenig verwackeln, genau dann abdrücken, wenn jemand durchs Bild läuft. Herrlich.

Schwarzweiß-Versuch

Mit Hannah und Patrick kam auch ein wenig Regen. So haben wir beschlossen, die Bob-Dylan-Ausstellung in der National Gallery anzuschauen. War keine große Sache, nur ein Raum mit ungefähr 15 Fotografien, aber ganz nett dort gewesen zu sein. Nach einem kurzen Ausflug noch in die Moderne, kein Kommentar dazu, ich fühl mich nicht qualifiziert genug, sind wir aber weiter zum Buckingham-Palace um den Wachwechsel zu sehen.
Der Regen hatte aufgehört, es war windig und fast sonnig… und irgendwie schien über London jemand Niespulver verstreut zu haben. Das war der widerlichste Pollenflug, den ich je erlebt habe. Während der Veranstaltung hab ich mir die Schleimhäute weggeröchelt und war kurz vorm Erblinden.




Und was könnte man unter diesen Bedingungen besseres tun, als durch den Hyde-Park zu spazieren? Rein in die Natur! Ihr Pollen kriegt mich nicht! Ich mache mich immun gegen euch!

Der Hyde-Park ist nett. Aber das mit der Immunisierung hat nicht wirklich funktioniert. Nach einer guten Stunde haben wir die nächste vielbefahrene, unbegrünte Straße gesucht und erstmal erleichtert den Feinstaub eingeatmet. Und siehe da… Kensington! Schon wieder! Ich schätze, ich habe wirklich meinen Lieblingsstadtteil gefunden.

Es war Lunchtime und wir haben einige Zeit gebraucht um ein Lokal zu finden, das uns nicht touristenmäßig überteuert oder einfach nur schlecht erschien.

War ja eigentlich klar, dass die Wahl nur auf einen Pub fallen konnte. Die Idee des London-Pubführers nimmt immer mehr Form an.

Wir haben einen sehr guten Zeitpunkt erwischt. Manchester United spielte gerade gegen Arsenal London, was den Pub schlagartig füllte. Von unseren Sitzplätzen aus konnte man schließlich gar nichts mehr vom Spiel sehen, aber die Stimmung und das Pubfeeling waren umwerfend. Dazu ein Pint Shandy und ein lecker Sandwich, perfekt.

Wenig später kam Katherine, die Freundin von Hannah und Patrick und schloss sich uns an. Oder ich schloss mich ihnen an. Wie auch immer.

Katherine ist toll. Sie hat mir einen Chocolate-Cupcake ausgegeben und damit meine Freundschaft auf Lebenszeit. Verdammt, das war der beste Cupcake, den ich jemals gegessen habe.



Nächster Halt, Camden Lock.

Über 10 Millionen Touristen schieben sich jedes Jahr durch die schmalen Gassen des Camden Market. Aber gestern war ich einer von ihnen. Der Markt ist wirklich sehenswert! Kitsch! Überall Kitsch!




















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Antiquitäten, Kurioses, Fanartikel, Kleidung, Schmuck, LPs, Hippies… alles knallig bunt und absolut reizüberflutend. An der einen Ecke ein Stand mit Thaifood, von dessen Köchin man einladend angebrüllt wird, an der anderen Ecke ein Stand mit Groove- und Funk-CDs, aus dessen Boxen der Low Rider schallt. Immer wieder begegnet man tanzenden Leuten, die entweder total zugedröhnt sind oder sich scheinbar ein wenig zu sehr ihres Lebens freuen, und ihre in tiefster Meditation angefertigen Mandalashirts an den Mann bringen wollen. Alle paar Meter kriegt man Flyer in die Hand gedrückt – so schnell kann man gar nicht ablehnen – die für Essen oder Piercings werben. Manche auch für beides.










Es gibt Fress-Stände für jeden Geschmack. Asiatisch, Ägyptisch, Marokkanisch, Indisch, Türkisch, Südafrikanisch… und man würde Tage brauchen um sich überall durchzuprobieren.



















Katherine und ein Freak:



Ein Löwe und drei Freaks:











Im Stables Market haben wir einen ehemaligen Pferdestall durchquert, in dessen Boxen verschiedene Chill-Out-Zonen und eine Bar eingerichtet sind. Echt eine witzige Idee. In der einen Box steht ein Pool-Tisch, in der nächsten ein Riesen-Flat-Screen mit Playstation, oder man kann sich einfach einen Film ansehen oder Musik hören. Für jeden Geschmack etwas dabei.











































































Am Abend führte uns Katherine in ein indisches Restaurant in… yeah… Kensington. Ein echter Geheimtipp. Ich bin sowieso Fan von indischem Essen, weil ich auf die Gewürze stehe und nahezu alles vegetarisch und trotzdem delicious ist.

Ab sofort werde ich meine Cola mit Ingwer würzen, das schmeckt super.

Tja, dann war es dunkel und wir haben uns in verschiedene Richtungen auf den Weg gemacht. Hannah und Patrick mit Katherine nach Ealing im Westen Londons, und ich nach Hause in den Süd-Osten.

Es war ein super Tag mit meiner Cousinfriend! Ach ja, und das nächste Mal treffen wir uns in den Staaten, versprochen!


Übrigens: Ich hab vergessen das Rätsel aufzulösen. Die grüne Tür, die ich letztes Mal in Kensington suchte, gehört zum ehemaligen Wohnhaus von Freddie Mercury.

Für mein Bruderherz



Übrigens: Drei Radschrauben ;-)

Tag 27 - It's a kind of magic

"I love kids. I was a kid myself, once"
(Tom Cruise)

Die Routine! Ich hab die Routine! Morgens kann ich Porridge kochen ohne richtig wach zu sein. Und trotzdem sehe ich aus dem Augenwinkel, ob der Kleine auch seine Schuhe richtigherum an hat.
Ich trage ständig Pflaster in den Hosentaschen und bin jeden Tag in jeder Sekunde auf jedwedige Eventualität vorbereitet.
Nie würde ich mit den Kids das Haus verlassen ohne einen Vorrat Taschentücher, Jacken, Unterhosen, Trinkflaschen, Äpfel, Bestechungsspielzeug und Mr. Mouse.
Ich weiß, dass die Laustärke eines Schmerzensschreis nichts über den Verletzungsgrad aussagt und es nichts gibt, das man nicht mit einem Coolpad und ein paar Minuten absoluter Aufmerksamkeit heilen kann.
Mittlerweile schaffe ich den Schulweg alleine in unter 15 Minuten, mit einem Kind in 20 Minuten und mit zwei Kindern in 30 Minuten.
Mr. Mouse ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags geworden. Ohne ihn waere alles viel anstrengender, da bin ich mir sicher.
Und ich liebe das Gute-Nacht-Geschichten-Ritual, neuerdings mit Taschenlampe, was die Kinder am Abend geradezu freiwillig ins Bett fliegen lässt. Schön, so muss das sein. Mein Englisch wird durch die erfundenen Mr. Mouse Stories auch besser.

Siehe da, nichts zu meckern heute. Und ich ignoriere mal grosszügig, dass ich eigentlich gefrustet sein müsste, weil mir wieder mal ein E-Mail-Entwurf flöten gegangen ist. Nein, ich ruhe total in mir und genieße den britischen Lifestyle.

Ich weiß, welche Walkers Crisps am Besten schmecken (Cheese & Onion) und welche man meiden sollte (Prawn Cocktail... obwohl, ich hab noch nie Chili & Chocolate probiert und will auch nicht)
Ich weiß in welche Richtung ich schauen muss, wenn ich eine Straße überquere und kriege keine Schweissausbrüche mehr, wenn der Bus "falschherum" in einen Kreisverkehr fährt.
Ich laufe selbstbeherrscht durch die Gegend und bekomme keine entzückte Quietschattacken mehr, wenn ich eine Telefonzelle sehe.
Wenn mich jemand nach der Farbe der Picadilly Line fragt, kann ich ohne nachzudenken mit "blau" antworten.
Ich hab mir mein erstes englischsprachiges Buch gekauft und verstehe sogar den Inhalt.
Ich weiß die Namen der wichtigsten Fernsehrsender und lästere eifrig über das schlechte Programm (der selbe Scheiß wie in Deutschland!)
Aus den verrückten Essvorlieben der Kids hab ich jetzt auch gelernt und brachte als nächsten Kochversuch nach dem Pizzadesaster einfach mal Semmelknödel auf den Tisch (was könnte ein britisches Kind mehr mögen, als in warme Milch eingeweichtes Brot, gesprenkelt mit Zwiebel?), mit durchschlagendem Erfolg!
Ab vier Uhr Nachmittags kann ich mit gutem Gewissen anfangen in den Pubs Bier zu trinken, so macht das nämlich jeder. Einmal bin ich versehentlich erst abends um halb elf in den Pub gegangen und musste genau eine halbe Stunde später wieder gehen... Sperrstunde.
Ich weiß was es bedeutet, wenn ich bei Starbucks gefragt werde, ob ich meinen Frappuccino lieber coffee-based oder cream-based möchte.
Und ich muss beim Bezahlen nicht immer jeden Pence umdrehen um sicher zu gehen, ob auch die richtige Zahl drauf ist (Ich hab ständig 50er und 10er verwechselt)
Mittlerweile hab ich auch das Bedürfnis, Kleingeld auf die Straße zu schmeissen, weil es einfach so scheiße schwer und platzraubend im Geldbeutel ist (Das 2-Pence-Stück ist so groß wie ein 2-Euro-Stück!), aber ich verkneif es mir und sammle die Pennies jetzt in einer Schachtel (Jack von der Bank freut sich bestimmt, wenn ich den Schrott mal einzahle).



Dienstags und Donnerstags bin ich für je 2 1/2 Stunden in der Sprachschule. Auch daran bin ich jetzt gewöhnt. Anfangs war es etwas überfordernd, weil wirklich die ganze Zeit durchgehend Konzentration verlangt wird. Wenn man nur eine Sekunde von seinem Papier aufschaut, wird man sofort mit ein paar spontanen Fragen genötigt und hat das Gefühl, bei etwas Verbotenem erwischt worden zu sein. Aber der irische Teacher ist schon in Ordnung. Er hat nicht Fucking Grammatik zum Schwerpunkt seines Stoffes gemacht, sondern auch die Englische Umgangssprache und alles mögliche, das einem im Alltag weiter bringt. Und wann sagt man SOME und wann sagt man ANY? Wann QUITE und wann RATHER?



Und ich bin froh, dass die Leute so in Ordnung sind. Nach der Schule geh ich immer mit drei bis vier Aupairs einen Kaffee trinken. Dienstag hab ich mit zweien Handynummern ausgetauscht, weil wir nächste Woche gemeinsam in den Pub gehen wollen.
Hört sich jetzt schon an wie der Anfang eines schlechten Witzes:
"Gehen eine Tschechin, eine Japanerin und eine Deutsche in England ein Bier trinken..."
Ich freu mich wirklich drauf.

Die Japanerin, Hiromi, ist ungewollt so urkomisch, ich könnte mich jedes Mal über sie zerbröseln. Die Ärmste hat einen extremen Kulturschock und ist hypernervös. Immer wenn sie spricht, rutscht ihr die große, monströse, absolut unfassbar riesige Brille von der winzigen Nase. Sie scheint das eigentlich gar nicht richtig wahrzunehmen, ist aber alle paar Sekunden damit beschäftigt, ihre Brille wieder richtig zu platzieren. Als ich sie nach der Schule gefragt hab, ob sie mit auf einen Kaffee kommt, hat sie erst hinter sich geschaut, weil sie nicht sicher war, ob ich auch wirklich sie meine. Dann ist ihr vor Schreck die Brille von der Nase gesprungen und sie musste einen wahnsinnig ungeschickten Ausfallschritt machen, um das Gestell in der Luft wieder einzufangen, bevor sie noch jemanden damit erschlagen hätte.

Klara ist da etwas nüchterner, aber genau auf einer Welle mit mir. Ich kenn zwar nicht viele Tschechen, aber sie ist ne untypische Tschechin, definitiv. Sie wird immer für eine Deutsche gehalten. Und hey, sie lacht über meine schlechten Witze. Ausserdem will sie genau wie ich gerne nach Salisbury, um Stonehenge zu sehen. Das machen wir auf jeden Fall zusammen.

Ich hab jetzt auch meinen Lieblingspub gefunden... es ist der eine in Bromley, der mit den Freaks. Ich hab das Gefühl, dass ich dort richtig gut reinpasse. Warum auch immer.
Letzten Sonntag bin ich dort mit einer Menge Leute ins Gespräch gekommen.
Überhaupt rede ich eigentlich mit jedem, wenn ich so drüber nachdenke. Ich hab einen furchtbaren Mitteilungsdrang und komme mir manchmal vor wie so ein altes Ömchen an der Bushaltestelle. Mit denen rede ich übrigens auch gerne.
Und mit den Strassenfegern und Müllmännern und den Securities am Themse-Ufer. Sogar mit der Lollypop-Lady, die in ihrer gelben Uniform vor der Schule den Verkehr regelt. Und das Gute an der englischen Höflichkeit ist: Niemand traut sich, mich abzuwürgen.

In den Pubs interessieren mich neben einem lecker Shandy (Radler) meisten die Tresengeschichten. Mike, mein Boss im $Heimatstaedter$ Pub sagt immer: "Wer alleine am Tresen sitzt, hat etwas zu erzählen." (Viele Grüsse an der Stelle von deiner Fern-Bedienung!) Und das ist so wahr.

Da ist im Bromley Freak-Pub zum Beispiel der junge Kerl, der in eine fünfzehn Jahre ältere Krankenschwester verliebt ist. Kennengelernt haben sie sich am Flughafen Heathrow, als er einen Herzstillstand hatte und sie ihn spontan wiederbelebt hat. Seitdem kann er sie nicht vergessen, aber sie ist verheiratet. Leider. Cheers.

Und der Typ mit Glatze, der seinem Irokesenschnitt nachtrauert. Dieser ist vor ein paar Wochen in Flammen aufgegangen, als seine Zigarette plötzlich das Haarspray entzündete. Jetzt klebt er sich manchmal einen Handfeger auf den Kopf. Aber das sei nicht dasselbe, sagt er seufzend. Cheers.

So, cheers and goodbye for now!

Ich geh jetzt noch eine Runde meine neuen Trainers einlaufen. Meine blöden in Berlin ruinierten Converse Sneakers hab ich heute mit einer theatralischen Armbewegung in die Tonne entsorgt. Ab sofort bin ich durch sportliche Reeboks gepolstert, die ich bei Lillywhites gefunden habe. Mal sehen, ob sie auch nur ansatzweise so gut sind wie meine ehemaligen Nikes. Wow, viermal Schleichwerbung in drei Sätzen.

Und apropos Berlin... am Samstag treffe ich Cousinfriend Hannah mit Freund Patrick! Die beiden sind heute bei einer Freundin in London angekommen. YAY!


Samstag, 9. Mai 2009

Diskriminierung!!!



Toll, 5'4 Fuß = 1,64 Meter
Ich bin aber nur 5 Füße hoch!!!

Muss ich eben doch die teuren Plätze fürs WE WILL ROCK YOU Musical buchen. Die haben kein Geländer im Sichtfeld. Püh.

Tag 21 - Pizza, Pizza

"Pizza kann man selber machen?" Hostmums erstaunte Reaktion auf meinen Vorschlag, ich könne heute zum Abendessen doch eine Pizza backen. Grossbritannien ist ziemlich "amerikanisiert". Was es in den Staaten gibt, das gibt es hier auch. Angefangen bei den zartpinken Kitschartikeln uebers Fernsehprogramm bis hin zum Essen. Die Aupairs in der Schule erzählen immer, dass ihre Kinder ausschliesslich von Fertigprodukten a la Maccaroni & Cheese aus der Dose ernährt werden, und der Fernseher 24/7 läuft. Da hab ich es ganz gut getroffen, hier gibt es immer Obst und Gemüse im Haus und für die Kinder ist TV nur in Ausnahmefällen gestattet. Aber trotzdem ist das Wort "Hefeteig" hier im Haus ziemlich unbekannt. Ist ganz easy, hab ich abgewunken und bin rüber zu den Shops um Pizza-Zutaten einzukaufen. Nicht easy war allerdings das Auftreiben von Hefe... und absolut herausfordernd die Suche nach Salami. Oha, Salami ist eine Spezialität. Und 2.90£ für 40 Gramm zu zahlen... nee.. danke. Dann lieber der gute alte Honey Ham. Einkaufen in England ist seltsam. Manche Sachen sind total überteuert... aber SOWAS von... und andere Sachen kriegt man nachgeschmissen. Zahnpasta? Riesen Familientube für 0.30£... ein fingernagelgrosses Stück Cheddar-Käse? Unerschwinglich. Tiefkühl-Fertiggerichte? Fast umsonst. Irgendwann hab ich immer wieder mit den Tiefkühlpizzen geliebäugelt, die es in allen Größen, Formen und Sorten für Spottpreise gibt. Wie viel einfacher wäre es doch gewesen. Aber nein, ich wollte Pizza machen... ich würde Pizza machen! 5£ hab ich ausgegeben für ein paar Pilze, ein wenig Mais und bisschen Schinken. Wieder Zuhause ist mir die Weizenallergie der Kinder wieder eingefallen. Mist. Ich hab aber noch einen Rest weizenfreies Mehl gefunden. "Ich mach zweierlei Pizzen!", hab ich Hostmum erklärt. "Eine kleine Weizenfreie für die Kinder, und eine etwas größere für uns." "Prima!", hat sie sich gefreut. "Ich geb dir Geld, dann kannst du eine Pizza für uns kaufen!" Neeeeeeeeeeeeein! Eben nicht! Kopfschütteln. Okay, zugegeben, ich bin nicht gerade für die Küche geboren. Aber Nudeln machen ist auch kochen, deswegen hab ich meine Pizzateige recht motiviert in Angriff genommen. Der weizenhaltige Teig war super! Der weizenfreie dagegen irgendwie ziemlich seltsam. Hat mich an die Play-Doh-Knete in der Modder & Toddler Playgroup erinnert. Irgendwie keine richtige Konsistenz. Bah. Ich hab ihn mehr aufs Blech geklebt als gelegt und schnell die Tomatensosse düber gestrichen, damit die Kinder nicht sehen, wie eklig es aussieht. In kleine Schüsseln hab ich Mais, Ham, Broccoli, Pilze und Käse gefüllt und war überzeugt, die Kinder würden es lieben, ihre Pizza selber zu belegen. Naja. Ich hab mich wirklich nur EINE Minute weggedreht. Als ich gerade fragen wollte, ob es Spass macht, hab ich gemerkt, dass die Pizza unbelegt war und die Kinder verschwunden. Mit ihnen der Mais. Undankbares Volk! Ich hab ne neue Maisdose aufgemacht und die beiden wieder zu mir gepfiffen. Neuer Versuch. Die Große hat meterdick Mais auf ihre Pizzahälfte gestreut, der Kleine meterdick Ham. Alles andere fanden sie DISGUSTING! Meine Broccolifanatiker! Was geht? Aber nun gut. Pizza in den Ofen und warten. Ich will mich echt nicht selbst loben... aber die Pizzen sind große Klasse geworden. Ich war überzeugt davon, die Kinder würden sie lieben. Naja. Die Große hat nur die Maiskörner gegessen, der Kleine nur die Hamstücke. Der Boden sei DISGUSTING! Und vor allem total EWWWWW! und YUCK!Alles in Allem: Der Aufwand hat sich echt nicht gelohnt. Nächstes Mal hol ich ne TK-Pizza für mich und ne Dose Mais für die Kinder. Nur Hostmum war beeindruckt und wollte wissen, wo ich die Teigmischung gekauft habe. Oh Dear!

Donnerstag, 7. Mai 2009

Tag 19 - Ich brauch neue Schuhe!

Schon seit Berlin bin ich mit meinen (damals brandneuen) Sneakers auf Kriegsfuß (Haha, Kalauer!), weil sie nicht dem Großstadtlaufstandard gewachsen sind. Damals vier Tage Berlin, und heute kam noch ein Tag London City dazu.

Yeah! Ich war in der Stadt!

Ich bin fast übergeschnappt vor Aufregung, als ich heute Morgen im Zug saß. Zur Ablenkung hab ich die Menschen beobachtet, die auf der Fahrt zugestiegen sind. Anfangs waren nur Hackfressen anwesend, die glupschäugig in ihre Zeitungen starrten, aber von Station zu Station wurden die Menschen sichtlich schöner.

Nach 30 Minuten war ich am vorläufigen Ziel: Tower Bridge

Wow.

Ich glaube das war eines der unwirklichsten Gefühle in meinem Leben. Tausend Mal hab ich Bilder davon gesehen. Aber plötzlich davor zu stehen… umwerfend. Diese ganze Szene… die alten Türme und die modernen Bürogebäude miteinander… ich war hin und weg.







Nur die Uhrzeit konnte mich endlich losreißen, bevor ich noch weitere eine Million Bilder geknipst hätte. Es war schon nach zehn und ich wollte um halb zwölf bei der Wachablöse am Buckingham Palace sein. Und natürlich hatte ich keine Ahnung, wo der war…

Folgendes: Ich bin Touristenhasser.

Ich hasse dieses drängelnde, schubsende, aufgeblasene, großkotzige, weltbewanderte, geldausgebende, stromschwimmende Touristenpack. Diese Leute, die kein bisschen Anstand haben, wenn sie sich in einem fremden Land aufhalten. Die sich null anpassen können und sich nicht einmal bemühen, wenigstens die einfachsten Floskeln in der Landessprache zu lernen. Diejenigen, die sämtliche Sehenswürdigkeiten für den Diaabend des „Klub der Intellektuellen“ abfotografieren mit ihren riesigen Spiegelreflex-Canons, aber nicht das kleinste Interesse für die Leute des Landes und ihre Gepflogenheiten aufbringen. Sondern sich vielmehr auch noch darüber beschweren, dass sie niemand verstanden hat, und es im Hotel immer nur landestypisches Essen gab. Was eine Frechheit.

Huh, ja, ich krieg mich ja schon wieder ein.

So war es für mich heute sehr wichtig, mich so gut wie möglich von meinen verhassten Touristen zu distanzieren. Dazu ist die äußere Erscheinung sehr wichtig.

Wenn man sofort auf den ersten Blick als Tourist geoutet werden will, braucht man nur eine der folgenden Sachen zu tragen:

-> Regenjacke (okay, wir sind in London… aber es hat seit zwei Wochen über 20 Grad und ist heiter bis bewölkt)
-> Rucksack (je größer, desto touristischer)
-> Kurze Hose und Karohemden
-> Den obligatorisch um die Hüfte gebundene Pullover
-> Festes Schuhwerk (ungefähr für die Besteigung des Mount Everest)
-> Verspiegelte Sonnenbrillen mit dunkelblauen Plastikrahmen
-> Fotoapparate (von Wegwerfkamera bis Canon, bevorzugt um den Hals)
-> I Herz London T-Shirts
-> Brustbeutel (Das hatte ich in der 5. Klasse für meine Busfahrkarte)
-> Hüftbeutel (trägt auf wie Sau)
-> Reiseführer + Stadtplan

Ich hatte NICHTS davon. Und wenn jetzt jemand brüllt: „Aber die Kamera! Du hattest eine Kamera!“, muss ich gleich Gegenargumentieren, dass ich meine Bilder ausnahmslos so ganz beiläufig mit dem Handy aufnehme.

Ja, meine Anti-Tourist-Verkleidung war so gut, dass ich ständig nach dem Weg gefragt wurde. Hey, sogar in zwei Fällen konnte ich weiterhelfen.

Nicht so gut war, dass ich vor lauter „Ich bin kein doofer Tourist“ nicht nur den Reiseführer, sondern auch die Straßenkarte Zuhause gelassen habe. Und ich glaube es ist nicht schlecht geschätzt, dass ich heute den ganzen Tag zu 86% keine Ahnung hatte, wo ich eigentlich gerade hinlief. Immer mal wieder kam ich an U-Bahn-Stationen vorbei und hab anhand des Liniennetzplans verglichen, wo ich gerade bin. Oder es war purer Instinkt. Als ich von der Tower Bridge zum Buckingham Palace finden wollte, hab ich mich hoffnungslos verfranst und war plötzlich in Waterloo. Auch nicht schlecht, da wollte ich sowieso hin. Obwohl mir kein Grund eingefallen ist, warum. Vielleicht um später mal erzählen zu können „Jaja, damals, in Waterloo…“ Hört sich gut an. Hat was von Dagobert Duck, der seinen Neffen immer von „Damals, in der Klondike“ erzählt. Nun gut, erst später Zuhause sollte ich rausfinden, dass Napoleons Schlacht bei Waterloo nicht in England, sondern in der gleichnamigen Stadt in Belgien stattgefunden hat. Soviel zum historischen Hintergrundwissen. Hätt ich nur mal meinen Reiseführer… lassen wir das.

Waterloo


Was sehr cool ist, wenn man planlos durch London irrt: Manche Sachen erscheinen aus dem Nichts.

In der einen Minute noch hoffnungslos verloren… in der nächsten Minute prallt man mit der Nase fast gegen das London Eye. Hey, in die Richtung wollte ich ja! Ich bin aber zügig an diesem 135 Meter Monster Riesenrad vorbeigelaufen, weil sich die Menschenmassen dort gedrängt haben.





Weiter über die Westminster Bridge. Ach, dort ist also Big Ben. Und wieder war ich fasziniert und konnte es kaum glauben, wirklich dort zu sein.





Zu dem Zeitpunkt hatte ich nur noch fünf Minuten Zeit bis zur Wachablöse. Jetzt aber flott! Ich hatte mir vom Plan noch gemerkt, dass man nach der Westminster Bridge nur geradeaus laufen muss um zum Buckingham Palace zu gelangen. Im Stechschritt hab ich die schlendernden Touristen überholt, kurzer Sprint am St. James’s Park (den schreibt man wirklich so!) vorbei und dort war er… der Palast. Aber how shocking! Menschenmassen! Touristeninvasion! Es war so voll, dass es nicht einmal mehr erlaubt war, die Straße bis zum Palast zu überqueren.



Nun gut, kurzes Erinnerungsfoto und ich bin langsam durch den Park zurückgeschlendert und hab mir überlegt, was ich als Nächstes anstellen könnte.

Mal wieder aus dem Nichts stand ich mitten auf dem Trafalgar Square.





Hey super, hab ich gedacht… den Platz allerdings links liegen lassen (im wahrsten Sinne des Wortes), weil ich plötzlich eine Idee hatte.

Ich hab eine kleine diskrete Kopfliste mit dem Titel: „Sachen, die ich unbedingt noch machen muss bevor ich sterbe“, die ich so nebenher in irgendeiner leeren Gehirnzelle mit mir spazieren führe… aber heute ist mir bewusst geworden, dass ich eines in London doch erledigen könnte.

Außerdem konnte ich meine Mission dazu nutzen, die Anwendung der Londoner Underground zu lernen. Eigentlich ist es ganz einfach, wenn man nicht gerade farbenblind ist. Jede Strecke hat eine andere Farbe. Leider ist das Netz so seltsam, dass man manchmal für ein paar wenige Meilen ein- bis zweimal umsteigen muss. Aber wenn man den Bogen raus hat, macht es sogar Spaß, sich die geschickteste Strecke zusammen zu schustern.



Ich musste nur einmal von blau in gelb umsteigen, dann war ich in Kensington. Wow, total untouristisch, total unhektisch und irgendwie total schön.



Hm, und ich suchte etwas. Leider hatte ich den Straßennamen vergessen, was es doch etwas beschwerlich machte. Und ich hatte nur einmal auf der Karte gesehen, in welchem Gebiet es ungefähr lag. Zwischen den U-Bahn-Stationen Kensington High Street und Gloucester Road. In der Mitte links. Vage. Sehr vage. Ich bin jede Straße in diesem Stadtteil abgelaufen. Mit dem festen Willen, es zu finden. Eine total unwichtige Mission für die Menschheit, aber eine verdammt wichtige Sache für mich.

Ich musste dieses Haus mit der grünen Tür finden! Nein, nicht aus dem Film Notting Hill. Das liegt zwar nur um die Ecke von Kensington, aber da geht es um eine blaue Tür. Meine ist grün!

Fast zwei Stunden später in irgendeiner Straße. Ich hab mit dem Gedanken gespielt aufzugeben und an einem anderen Tag wiederzukommen, aber mein verdammter Wille hat mich nicht in Ruhe gelassen. Hunger, Durst, muss aufs Klo… EGAL. Und wenn mir die Füße abfaulen würden, ich fände dieses Haus!

Und für London typisch, nach einer weiteren Stunde stand es plötzlich vor mir, als hätte es sich eben erst dort hingestellt.

Ich hatte damit gerechnet, dass dort keine Blumen liegen würden. Aber es war wirklich nur auf sehr armselige Art und Weise zu erkennen, worum es sich bei diesem Gebäude handelte. Schade. Und trotzdem war es ein großartiges Gefühl dort zu stehen. Noch großartiger als Tower Bridge und Big Ben zusammen. Und ich bin froh, dass ich alleine dort war, weil es wahrscheinlich nur schwer nachzuvollziehen ist, welche Bedeutung dieses Erlebnis für mich hat.

Kann jemand erraten, wessen Haus ich heute Nachmittag besucht habe?







Danach konnte ich endlich wieder meinen natürlichen Bedürfnissen folgen und war auf einen Frappuchino bei Starbucks. Ich wusste ja, dass ich ab sofort süchtig nach dem Stoff bin. Caramel, Mocca, Coffee hab ich jetzt durch. Caramel war nach wie vor der Beste. Morgen kommt Schokolade. Interessiert das eigentlich jemanden?

Weiter im Text. Während ich so saß und nippte, hab ich den Liniennetzplan studiert und überlegt, wohin ich als Nächstes fahren könnte. Hah, warum nicht Oxford Circus?



Es war Rush Hour als ich dort ankam. Menschenmassen wälzten sich durch die Regent Street, beladen mit Shopping-Taschen und Tüten. Und dachte ich, die Menschen würden auf der Fahrt zur London Bridge immer schöner werden… hier waren sie ausnahmslos wunderschön! Keine Hackfresse weit und breit. Nur Püppchen und Diven und Trendguys und Szeneleute. Ich konnte mich kaum sattgucken. Aber Stehenbleiben war schwierig, man wurde immer schön mit dem Strom durch die Gassen geschoben.





Oxford Circus war mir irgendwann zu anstrengend und ich hab mir die nächste Tube gesucht und bin auf gut Glück mal bei der Charing Cross Station ausgestiegen. Oh, Überraschung, schon wieder zurück am Trafalgar Square. Und eigentlich wollte ich keinen Meter mehr laufen, sondern heimfahren, bin aber wieder einfach drauflos gestürmt… planlos… in irgendeine Richtung. In die Richtige, wie sich kurze Zeit später herausstellte. Ich landete auf einer schmalen Brücke auf der Themse mit Blick auf die Westminster Bridge. Auf der anderen Seite müsste Waterloo sein, dachte ich mir.



Vom riesigen Bahnhof Waterloo bin ich dann in einem total überfüllten Zug wieder nach Hause gefahren. Ich stand wie eine Sardine zwischen den anderen eingepfercht. In meiner Linie waren natürlich wieder die vertrauten Hackfressen.



Verdammt, meine Füße. So um acht Uhr bin ich in Sidcup angekommen und wollte sterben. Die letzten Meter vom Bahnhof waren echt problematisch. Neue Schuhe müssen her. Aber keine Touristen-Erstbesteigungs-Stiefel!

So, morgen ist wieder Schule. Ich glaub die Hausaufgaben muss ich im Bus machen, ich will grade nur noch ins Bett. Haha. Schule. Hausaufgaben. Und ich dachte, ich sei schon seit Jahren ausgeschult. Aber der Unterricht macht Spaß und ist total locker. Davon beim nächsten Mal mehr.