Montag, 26. Oktober 2009

Tag 192 - On the Road again

So langsam treffen wir auch Halloween-Vorbereitungen. Das ist hier eine ernste Angelegenheit, nicht nur für die Kinder. In meinem Special Freak Pub wird die größte Party des Jahres stattfinden… und ja… ich bin dazu verdonnert, auf keinen Fall ohne Kostüm zu erscheinen. Vampirzähne hab ich letzte Woche mit dem kleinen Sargnagel mal probe getragen, aber das wird es voraussichtlich nicht werden. Zum Glück sind es noch ein paar Tage hin bis Samstag.

Vielleicht sollte ich doch mal was Nettes über meine zwei letzten Sargnägel schreiben. Das fällt mir heute leicht, denn die beiden sind für ein paar Tage bei Daddy. Eigentlich sind sie ja ganz toll, und ich hab auch jede Menge Spaß mit ihnen. Sehr positiv ist auch, dass sie Bücher mögen und ich ihnen stundenlang vorlesen kann. Sowieso sind die beiden wie Informationssauger und an allem interessiert. Und alles was ich erzähle, wird in diesen komplizierten Denkapparaten abgespeichert. Als die Große mal nicht schlafen konnte, hab ich sie mit mir fernsehen lassen. Kindertauglich war zu der Uhrzeit nur der History Science Channel, auf dem eine Dokumentation über DNA lief. Chromosomengestränge und wimmelnde Sachen millionenfach vergrößert. Spannend. Während ich schon vor mich hin schlief, saß mein großer Sargnagel staunend auf dem Sofa und entwickelte so was wie Verständnis für diese komplexen Vorgänge. Der Kleine hat kürzlich was Niedliches gebracht. Auf dem Weg zum Doktor haben wir über den Herbst gesprochen, und dass die Bäume in der Straße jetzt jeden Tag anders aussehen. Erst kriegen die Blätter eine andere Farbe, dann fallen sie runter. Über den Winter sind die Bäume dann nackig, wusste er. Dann meinte er plötzlich: „Und wer macht die Blätter dann wieder an die Bäume dran?“ Ich finde die Schulausbildung ist hier komplett anders als in Deutschland. Während die deutschen Kids mit sechs oder sieben Jahren in der ersten Klasse noch Regenschirmgriffe und Spazierstöcke malen, zur ersten Vorbereitung des Schreibens, fängt hier alles ein wenig früher an. Klein Sargnagel ist vier, aber seit Anfang September eingeschult. Lesen und Schreiben nimmt jetzt Formen an. Es ist erstaunlich, das zu beobachten. Wir machen jeden Tag eine Hausaufgabenstunde und jeden Tag kennt er einen Buchstaben mehr. Was für ein großer Moment, als er von selbst sein erstes Wort geschrieben hat: FAT Die Große, mit sieben Jahren in der dritten Klasse, buchstabiert Wörter wie „Carbohydrates“ und „Character“ fehlerfrei und hatte im letzten Schuljahr schon den ersten Physik Unterricht. Wie funktioniert ein Stromkreis? Ich glaub ich spinn! Das kapier ich jetzt noch nicht mal. Wie hat England eigentlich bei der Pisa Studie abgeschnitten? Ich kann mir vorstellen, dass die irgendwo näher an der Spitze sind, als Deutschland. Diese Woche sind Herbstferien. Die Kids sind jetzt bis Mittwoch noch bei Daddy, dann hab ich sie für den Rest der Woche. Ich hab mir vorgenommen, den Kindern so schöne Tage wie möglich zu verschaffen (und mir auch). Ich hab den Plan, sie ins Natural History Museum auszuführen. Sie werden es lieben. Ein wenig Bammel hab ich aber, schließlich sind es meine beiden Sargnägel, die ich in die große Stadt mitnehme, und nicht irgendwelche Schoßhündchen, die man in die Handtasche packen könnte. Der Weg dorthin ist ziemlich umständlich. Halbe Stunde Zugfahrt, dann zwei Tube Linien. Ich hab den totalen Horror, dass mir die Zwerge verloren gehen könnten. Oder aber es vergeht ihnen schon nach drei Minuten die Lust am Ausflug. Organisieren muss ich das dann auch reibungslos. Mit zwei laufmüden Kindern durch Waterloo irren ist nicht gerade eine gute Idee. Ich könnte sie ja anleinen. Das wäre nicht mal so abwegig. Hier sieht man überall Eltern, die ihre Kleinkinder Gassi führen. An einer Leine! Die Meinungen darüber sind aber ziemlich gespalten. Aber in der Öffentlichkeit zeigen sich die zwei gewöhnlich von der besten Seite, so dass ich mir eigentlich keine Sorgen machen müsste. Die Große macht ja in letzter Zeit einen Entwicklungsschub durch, das ist unfassbar. Ich glaub da kann Mummy sich in ein paar Jahren warm anziehen. Wir hatten kürzlich Handwerker im Haus, die neue Heizkörper und einen neuen Boiler (juhuuu, nie wieder kaltes Duschwasser!) installiert haben. Sie hatten einen 16-jährigen Lehrling dabei, der noch ziemlich kindlich aussah. Mein großer Sargnagel starrte ihn für eine Weile fasziniert an, und ich konnte ihren kleinen Denkapparat arbeiten sehen. „I fancy him!“, gestand sie mir wenig später. „He’s quite handsome!“ Hallo? Kind? Du bist sieben Jahre alt! Klein Sargnagel war natürlich nicht entgangen, dass seine Schwester irgendwo in anderen Sphären schwebte. „You love the booooy! Yoooou love the booooy!“, fing er an zu singen, tanzte um den großen Sargnagel und zeigte sehr offensichtlich auf den armen Lehrling, der keine Ahnung hatte, was vor sich ging. „BE QUIET!“, schrie die Große schließlich verzweifelt. „You don’t know anything about love!” Stampfen auf der Treppe. Eine Tür schlägt zu. Vorhang. Ich hab einen Teenie. Sie kam jedenfalls darüber hinweg, über was auch immer. Nach ein paar Stunden war der Boiler installiert. Drei kinderfreie Tage! Ich weiß gar nicht was ich mit so viel Zeit anfangen soll. Aber es ist ja Montag, was bedeutet, dass das Haus wieder einer Massenauffangstation für Schmutzbakterien gleicht und nichts mehr dort aufzufinden ist, wo ich es bei der letzten Aufräum- und Putzaktion (am Freitag) hinterlassen habe. Andere Sachen jedoch haben sich seit Tagen nicht von der Stelle bewegt, zum Beispiel eine Tasse Milch auf dem Heizkörper. Oh, und ich hab noch gar nicht nach den Kohlköpfen geschaut. Heute lass ich es jedoch langsam angehen. Ich bin das ganze Wochenende in einem Van gesessen, was mich mein Rücken heute auch spüren lässt. Aber es war ein netter kleiner Gelegenheitsjob, der mir ein paar nicht unwichtige Pfund in Sachen Weihnachtsgeschenkevorbereitung gesichert hat. Die Engländer sind wirklich ein hart arbeitendes Volk. Aber die Arbeiter lassen manchmal auch gerne für sich arbeiten. Die letzten zwei Tage hab ich also als Handlanger einen Installateur für Kältetechnik begleitet, der durch ganz Südost England kurvt und in Supermärkten die Kühlapparate wartet. Natürlich hab ich keine Ahnung davon, weswegen sich mein Job auf Navigieren anhand von Straßenkarten und das Organisieren von Kaffee/Sandwiches/Zigaretten beschränkt hat. Aber hey, ich bin rumgekommen! Zwölf Stunden am Tag auf dem Beifahrersitz eines VW Transporters von Gravesend im Osten bis Brighton im Süden bis Reading im Westen. Zum Schluss noch Islington im Norden Londons. Auf kurvigen Straßen durch die Countryside bis zur Küste und zurück in die Metropole. Das Kartenlesen war eigentlich nicht schwer. Nur am Anfang gab es ein Missverständnis, weil mich der Linksverkehr mal wieder ausgetrickst hat: Die letzte Ausfahrt des Kreisverkehrs… halt… nein, linksrum ist es die Erste! Jedenfalls hat mir dieses Wochenende viel gebracht. Mal zur Abwechslung keine Party, sondern wieder einmal etwas komplett Neues. Ich hoffe, das geht noch lange so weiter. Das war’s auch schon wieder für heute. Ich schau jetzt doch mal ob der Kohl schon soweit ist, dass ich ihn in den Ausguss gießen kann. Dann eine lange Badewanne und heute Abend Bandprobe. Nächste Woche wird’s besser. Dann kann ich von meinen Aktivitäten mit den Kindern berichten…und von Halloween.

Montag, 19. Oktober 2009

People

Californication

Jaaa, wir müssen noch viiiiel üben.

Tag 185 - I'm the only gay in the village

Es schnieft. Die Kids haben ein sehr gutes Timing. Mummy hat gerade ihren neuen Job angefangen, da werden die kleinen Sargnägel krank. Zumindest der Kleine. Die Große leidet eher unter krankhafter Eifersucht, weil Klein Brüderlein nicht die Schulbank drücken muss, sondern auf dem heimischen Sofa in den Genuss von aupairischer Pflege und Unmengen von schlechten Trickfilmen kommt. Dafür wird ihrerseits fleißig Husten vor dem Spiegel geübt, und neuerdings sogar Würgegeräusche. Und weil ich so ein herzloses Aupair bin, und die dramatischen Ohnmachtsanfälle von Seiten der Siebenjährigen am Morgen einfach ignoriere und mein Schulwegprogramm durchziehe, wird selbiges auch bei den Lehrern veranstaltet, die dann umgehend anrufen und Abholung des sterbenskranken Kindes fordern. Gut, eigentlich lief es so nur an einem einzigen Tag ab. Die Medikation in Form eines leichteren Aupairbebens und einem langweiligen Tag im Bett hat sofort angeschlagen.

Mit dem Kleinen bin ich dann letzten Mittwoch zum Arzt, weil der Hustensaft so gar nicht wirken wollte. Mein erster Arztbesuch in England. Super spannend! Das Gesundheitssystem ist hier total anders als in Deutschland. Praxisgebühr? Krankenkasse? Überflüssig. Behandelt wird jeder, und zwar kostenlos. Bevor ich jedoch einen Termin vereinbaren konnte, bekam ich einen Termin an dem ich den Termin vereinbaren konnte. In Sachen Organisation sind die Briten echt unschlagbar. Als ich morgens mit dem keuchenden Kind einfach so in der Arztpraxis auftauchte, wurde ich gebeten um 14 Uhr wiederzukommen. Um 14 Uhr konnte ich dann einen Termin für 16.20 Uhr vereinbaren. Na schön. Im Wartezimmer hing ein riesiger Bildschirm an der Wand. Mit einem Piepton wurde der Name des nächsten Patienten angezeigt und in welches Behandlungszimmer er sich begeben soll. Zwischen den Aufrufen läuft Text durch das Bild, der die Verhaltensregeln in der Praxis erklärt. Telefon ausschalten, an der Rezeption anmelden, alles klar. Besonders nett fand ich „One appointment for one problem“. Wenn ich mir also am Wasserkocher die Finger verbrühe und mir vor Schreck noch eine Platzwunde zuziehe, weil ich mit dem Kopf gegen das Regal darüber knalle, dann brauch ich zwei Termine. Ob ich dann wohl auch zwei Termine bekomme um die beiden Termine zu vereinbaren? Egal, die Wartezeit war jedenfalls nicht lang. Kind abgehorcht, Atemwegsinfektion. Als der Doc dann fragte, welche Geschmacksrichtung das Antibiotikum sein sollte, hab ich spontan „Banane“ geantwortet. Und Tatsache, das Medikament schmeckt auch nach Banane… sagt jedenfalls Klein Sargnagel. Hätte ich doch nur „Cornflakes“ gesagt, das mag er lieber. Aktuell sind wieder zwei Kohlköpfe im Kühlschrank, vom letzten und vorletzten Einkauf, von denen bei einem schon eine Veränderung des Aggregatzustands zu sehen ist. Aber Mummy’s geregelte Arbeitszeiten machen es mir jetzt endlich möglich, hier so was Ähnliches wie Ordnung zu halten. Jedenfalls unter der Woche. Am Wochenende bin ich eher nur sporadisch Zuhause und wenn ich dann am Sonntagabend eintreffe, dann sieht es aus wie nach einer Großdemonstration gegen nationale Sauberkeit und ich kann wieder die ganze Woche Normalzustand herstellen. Aber das Chaos hat endlich System gekriegt. Ab Dienstags. Montag ist der Tag, an dem ich mich manchmal echt an den Kopf fassen muss. Nichts ist an dem Platz, wo ich es freitags hinterlassen habe. Morgens greife ich unter der Dusche nach dem Shampoo… es ist weg. Ich sehe es dann am anderen Ende des Badezimmers auf dem Fensterbrett. Warum? Frischgewaschene Schuluniformen hänge ich freitags vor Feierabend säuberlich auf Kleiderbügel in den Schrank. Montagmorgens sind sie verschwunden. Wohin? Kleinigkeiten, aber sie können nerven. Wenn ich grade schon am meckern bin… das Lou und Andy Problem. Kennt jemand Little Britain? Das ist eine TV Show auf BBC, bei der sich die Briten in Sketchen ein wenig selbst auf den Arm nehmen. Es ist fast schon mehr schockierend als witzig, weil es so maßlos übertrieben ist. Zum Beispiel der Typ, der kurz vor der Hochzeit steht, und immer noch von seiner Mutter (oder manchmal von Großmutter) Brustgefüttert wird. Ich kenn eine Menge Leute, die ertragen es nicht, sich das anzuschauen. Für mich ist das niveaulos genug um es saukomisch zu finden. Wird übrigens auch in Deutschland ausgestrahlt, allerdings mit einer himmelschreiend schlechten Synchronisation. Zwei der Helden dieser Show sind jedenfalls Lou und Andy. Andy ist ein fetter, ungepflegter Typ im Rollstuhl, der sich von Lou, seinem lispelnden besten Freund pflegen lässt. Lou weiß nicht, dass Andy einfach nur zu faul zum Laufen ist und immer wieder mal hinter seinem Rücken den Rollstuhl verlässt. Jedenfalls ist Lou super fürsorglich und versucht immer, Andy auch alles recht zu machen. Das ist allerdings nicht ganz einfach. Eine Unterhaltung der beiden sieht ungefähr so aus: Lou: „Andy, musst du noch aufs Klo bevor wir gehen?“ Andy: „Nein.“ Lou: „Du weißt, was für ein Aufwand das ist, dich vom Auto wieder in den Rollstuhl zu setzen. Bist du sicher, dass du nicht aufs Klo musst?“ Andy: „Ja.“ Minuten später, die beiden sitzen im Auto Andy: „Ich muss aufs Klo.“ Und GENAU so. EXAKT so… läuft das mit mir und dem kleinen Sargnagel. Ich: „Ich geh duschen, musst du vorher noch aufs Klo?“ Kind: „Nein.“ Ich: „Bist du sicher?“ Kind: „Ja.“ Ich: „Ganz sicher?“ Kind: „Jaahaaa!“ Zwei Minuten später bin ich gerade nass, hämmert es gegen die Tür. Kind: „Ich muss aufs Klooooooo!“ Wahlweise geht das so mit „Willst du eine Jacke?“ „Möchtest du Ketchup auf deine Pommes?“ „Welche Farbe soll dein Slush Puppy haben?“ Ich frag schon gar nicht mehr, ich verfüge nur noch. Oder ich verwende es gegen ihn. Wenn ich will, dass er die schwarzen Schuhe anziehen soll, dann geb ich ihm die Braunen. Themawechsel. Ich find gerade keine Überleitung. Dieses Wochenende hat sich eine Menge getan in Sachen Band. Ich bin jetzt also fest dabei, als Keyboarderin. Und verdammt, das macht Spaß. Ich hab ein paar Aufnahmen gemacht von den letzten Proben. Wenn ich die Dateien fertig konvertiert habe, stell ich im Blog was online (wahrscheinlich noch heute Abend, huiiiii). Nicht das allerbeste Material. Im einen Song wurde das Solo versemmelt, im anderen hat die Keyboarderin geschlafen. Shame on me. Aber es wird besser werden. Wir studieren zusätzlich zu Californication gerade noch ein paar Songs ein, die der Bassist geschrieben hat. WIR! Ich bin in der BAND! Das ist so AUFREGEND! Voraussichtlich findet der erste Gig schon in zwei Wochen statt. Drei Songs bei der Open Mic Night im Special Freak Pub. Ich kann’s kaum erwarten.

Montag, 12. Oktober 2009

Tag 178 - Dream of Californication

Nächsten Samstag hab ich Halbjähriges!

6 Monate auf einer Insel
6 Monate Linksverkehr
6 Monate Beans on Toast
6 Monate Zimmer in der Größe eines Handtuchs
6 Monate Schlafabbruch durch Kindergeschrei
6 Monate Drachenmütter mit Hackfressen
6 Monate Bier ohne Schaum
6 Monate Warteschlange an der Bushaltestelle

Aber verdammt, ich liebe es!
Ich denke, England war die beste Entscheidung meines Lebens.

Es schien mir noch nie so einfach, mich selbst zu motivieren den Arsch aus dem Haus zu bewegen und etwas Neues auszuprobieren. Jeden Tag zu einem Abenteuer zu machen.

Letzte Woche am Mittwoch hatte ich einen freien Tag und bin morgens mit dem Gedanken aufgewacht, mir die Tate Galerie anzusehen. Vor ein paar Wochen hatte ich von William Turner gehört. Ein Maler, der schon sehr jung sehr erfolgreich wurde. Und irgendwie ließ mich seine Geschichte nicht los. Ich spürte tatsächlich Interesse, mir seine Bilder anzusehen. Und zwar nicht bei Google, sondern im Original.

Meine Touristenphobie ist nicht wirklich besser geworden, deswegen hab ich mal wieder alles Zuhause gelassen, was mich outen könnte. Leider hatte ich vor lauter Spontaneität auch nicht nachgesehen, wo sich die Turner Ausstellung oder die Tate Galerien überhaupt befinden. Ich wusste nur vage eine Richtung, direkt am Ufer der Themse.

Muss ich erwähnen, dass ich mich zum zweiten Mal hoffnungslos in Waterloo verlief?

Stunden später erreichte ich das Tate Modern. Turner ist jedoch im Tate Britain zu finden. Aber es gibt die geniale Erfindung des Tate-to-Tate-Boot, das einen alle 40 Minuten über die Themse zur anderen Galerie schippert. Genau das hatte ich vor.
Die Fahrt war nur knapp zwanzig Minuten, aber wirklich ein nettes Gefühl, London mal vom Wasser aus zu sehen. Das Beste war auch, dass ich beim Abkassieren irgendwie übersehen wurde und so zu einer gratis Bootstour kam.
Ich hab aber im Tate drei Pfund in den Kasten für Spenden geworfen. Es tut mir immer noch ein wenig Leid, dass ich letzten Sonntag den Pfarrer nicht für voll nehmen konnte und den Sonntag davor fremdes Geld zu Braten gemacht habe. Ich frage mich, wann ich die Quittung für all die schlechten Taten bekomme.


Die Turner-Ausstellung war nicht sehr gut besucht und dementsprechend ruhig war es in den Räumen. So wie die Kirche ihre eigenen Geräusche hat, so kann man auch die von Galerien bestimmen, finde ich. Man hörte die Schritte der Besucher auf dem Holzboden. Aber es hört sich dort nicht an wie laufen, sondern eher wie schreiten. Und so schritt auch ich durch die Räume (in meinen neuen Schuhen!) und sah mir Turners Werke an.
Es ist so hart, wenn man keine Ahnung davon hat. War das jetzt betrachten, was ich dort machte? Oder einfach nur zur Kenntnis nehmen? Es war jetzt nicht so, dass ich es Scheiße fand. Nein, schöne Farben. Relativ warm und optimistisch. Bissel kitschig manchmal.
Ich las die kleinen Tafeln neben jedem Bild mit der Jahreszahl und der Beschreibung. Ein Bild war von 1792, da war Turner gerade 17 Jahre alt. Und ja, ich konnte tatsächlich sehen, dass sich sein Stil mit zunehmendem Alter veränderte.
Ich fand es cool, dass er sich die Figuren aus einem depressiv düsteren Bild von Titian auslieh, und in eine helle Umgebung einarbeitete.
Interessant war auch, dass er viel Zeit in Italien und Deutschland verbrachte und seinen Eindrücke auf Leinwand brachte. Er malte ein Bild von Heidelberg und er mochte scheinbar Walhalla an der Donau.

Es dauerte nicht allzu lang, bis ich durch war. Aber echt gut, es gesehen zu haben. Mein erstes kulturelles Erlebnis in London. Hat jetzt ja auch sechs Monate gedauert.

Stimmt nicht ganz. Nach wie vor habe ich die Leidenschaft für Musikkultur. Rockmusikkultur.

In ein paar Wochen stehe ich auf der Bühne… ich bin in einer Band!

Nein, ich spiele nicht mehr den/die/das Tambourin. Dieses Wochenende hatte ich meinen musikalischen Durchbruch und bin jetzt am Keyboard verpflichtet. Erst war es nur ein winziger Part im Song, den ich klimpern sollte. Aber nach der letzten Jam Session spiele ich den kompletten Song durch.
„Californication“ von den Red Hot Chili Peppers studieren wir gerade ein. Alt, aber gut. Eine Gitarre, ein Bass, ein Keyboard, eine Stimme.
Es macht so unglaublich viel Spaß!

Ich hoffe, demnächst mal eine Aufnahme davon hinzubekommen. Wird dann hier online gestellt.

Einen Nebenjob habe ich voraussichtlich auch. Ich kann mir als DJ Handlanger an ein paar Wochenenden fünfzig Kröten pro Abend verdienen. Mein Job besteht darin, hinter den Turntables zu stehen, wenn der DJ rauchen geht und im richtigen Moment den richtigen Knopf zu drücken. Klingt machbar.

Gruß von der Insel

Freitag, 9. Oktober 2009

Neue Schuhe

Ich hab neue Schuhe

Montag, 5. Oktober 2009

Tag 171 - Wake me up when September ends...

Der Herbst macht ernst. Heute fällt der erste Regen seit Wochen... und es sieht nicht so aus, als würde es so bald wieder aufhören. Meine triefende Nase ist ein krasser Kontrast zum trockenen Husten, der mich in regelmäßigen Abständen überfällt. Seit dieser Schweinegrippehysterie ist Husten ziemlich verpönt. Im Bus kriegt man angeekelte Blicke und der Platz neben einem bleibt immer frei. Da hat jemand Husten, iiiih, Schweinegrippe! Blähhh. Jedenfalls bin ich froh, dass ich mit den Kindern am Samstag noch einmal im Park war. Es war wunderschön dort, obwohl ich ja eher ein Naturmuffel bin. Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum mir den ganzen Sommer nicht aufgefallen ist, dass unser Kletterbaum eine Esskastanie ist. Ich war echt überrascht, als ich die ganzen Kastanienigel am Boden gesehen habe. Kindheitserinnerung! Meine zwei kleinen Sargnägel plus Leihkind fingen sofort an zu sammeln. Unglaublich, welche Mengen der uralte Baum produziert. Anhand der Fotos kann man das Alter dieses Riesen schätzen. Obwohl ich glaube, dass es eher drei zusammengewachsene Bäume sind. Vor einiger Zeit muss der Blitz eingeschlagen haben. Einer der Stämme ist hohl und man kann reinklettern, sehr zur Freude der Kids. Abends haben wir ein paar Kastanien im Backofen geröstet, damit das Herbstfeeling auch komplett ist. Kam jetzt geschmacklich bei den Kindern nicht ganz so gut an, aber der Versuch war es wert. Und die restlichen Kastanien werde ich wahrscheinlich in ein Huhn stopfen oder sonst irgendwie verwerten.