Sonntag, 25. September 2011

Tag 885 - The Half Moon

So, ich bin jetzt also ein Rockstar. Habe meinen Job aufgegeben und schlafe jeden Tag bis 16:00 Uhr. Dann roll ich mir einen Joint und spüle mit einer Dose Foster's die kalte Pizza vom Vortag runter. Dann werfe ich den Fernseher aus dem Fenster und warte auf meine Rockerfreunde, um den Rest vom Tag und die ganze Nacht abzurocken. Welch ein wunderbar sorgloses Leben. Machts gut, ihr Spießer und Langweiler. So long, Suckers!

Naja, vielleicht irgendwann mal. Oder etwas realistischer - niemals.

Trotzdem durfte ich mich letzte Woche mal kurz wie ein Rockstar fühlen. Die Band hat nämlich ihren bisher größten Gig gespielt. So richtig auf einer professionellen Bühne mit einem richtigen Soundtechniker und aufwendigem Soundsystem. Und mit richtigem Publikum - alles fremde Menschen, die ganz unbeeinflusst über uns urteilen konnten. Muss ich erwähnen, dass ich seit MONATEN nervös war? Dieses verdammte Lampenfieber, ich kriege es niemals los. Dann kam auch noch nicht sehr hilfreich dazu, dass unser Frontmann kaum Zeit für Proben hatte. Er spielt noch in vier, fünf anderen Bands und ist ständig ausgebucht. Ganze DREIMAL haben wir unsere Stücke mit ihm gespielt, bevor es auf die Bühne ging. Am Abend des Auftritts noch den Schlagzeuger kennengelernt, der erstmal fragte, welche Songs wir eigentlich spielen würden. CD? Nee, eine CD hätte ihn nie erreicht. Es war Nervenprobe, wirklich. Die Nacht vorher war ich überzeugt davon, dass wir abkacken würden. Und zwar richtig.

Ein paar Stunden vor dem Auftritt fühlte ich mich krank.
Aber dann hatten wir den wahnsinns professionellen Soundcheck, und es hörte sich gar nicht sooooo übel an. Und dann beschloss mein Kopf einfach in "Scheiß-drauf" Modus zu gehen. Wenn es nichts werden würde... auch egal.

Und schließlich ging es los. Ich war wirklich die Ruhe selbst. Bis... der Sänger plötzlich anfing zu singen. Und war doch eigentlich noch gar nicht dran, ich musste doch noch mein Intro... arrrgh... was tun!?!? Kurz war ich total aus dem Gleichgewicht gebracht, aber dann hörte ich den "Scheiß-drauf" Mantra wieder und spielte einfach. Klimper hier, Klimper dort, und schon war der erste Song vorbei. Und die Leute liebten es. Sie lachten über die Witze vom Sänger und applaudierten und jubelten. Unglaublich.

Es war nicht perfekt. Eigentlich war es weit weg von perfekt. Ziemlich chaotisch von Zeit zu Zeit, weil Frontmann Geoff einfach vor sich hin improvisierte und wir anderen ihn ständig beobachten und blitzschnell reagieren mussten. Schwitz. Aber wir kamen durch damit. THE WINDOWS mit ihren Door-Songs (haha, get it? Windows - Doors, haha!) war die Band des Abends! "Ihr habt uns die Show gestolen!" rief einer aus der gastgebenden Bands lachend, als wir schließlich mit diesem irren Gefühl von der Bühne kletterten, das man nur nach einem erfolgreichen Auftritt hat, und das mit nicht auf der Welt zu vergleichen ist. Eine Art schweben, nur irgendwie besser. Und alles ist bunt und toll, und das erste Bier danach schmeckt wie köstlicher Nektar.

Und ich schüttelte viele fremde Hände, bekam so nette Worte... und sogar die Visitenkarte eines Songwriters, der an einer Zusammenarbeit interessiert ist. Himmel, sowas muss man erstmal setzen lassen.

So, und natürlich gibt es auch einen Videobeweis. Nachfolgend alle fünf Songs in der Reihenfolge des Gigs:

Riders on the Storm



Eindeutig fehlt das Intro, obwohl ich versuche es zu spielen und dann doch damit leben muss, dass Geoff schon singt und es kein zurück gibt. Am Solo muss ich noch arbeiten, aber da steckt mir der versaute Anfang noch ein wenig in den Knochen, und lässt mich wackelig werden. Und das Ende kommt auch ziemlich plötzlich.

Break on Through



Den Song kriegen wir eigentlich immer irgendwie hin.

Light my Fire



Hier dachte der Schlagzeuger Derek am Anfang, es wäre ein total anderer Song und brachte uns in ein merkwürdiges Tempo. Auch hier war mein Solo wieder ein wenig chaotisch, und weil ich zwischendurch mit Geoff Blickkontakt hatte, dachte der ich sei fertig und improvisierte drauflos. Die zweite Hälfte lief dann ein wenig besser, als der Drummer unser Tempo veränderte.

Five to One



Die Leute lachen am Anfang, weil Geoff ganz ungläubig fragt, ob das etwa auch ein Doors-Song sei. Klar, wir sind doch THE WINDOWS!
Der komplette Song ist von Anfang bis Ende improvisiert.

Roadhouse Blues



Den Song hatten wir auch überhaupt nicht geübt, aber dank Geoff ist er doch ganz vorzeigbar geworden.

Also, die Autogrammkarten gehen bald in Druck. Nicht drängeln, jeder kriegt eine!