Samstag, 30. April 2011

Tag 737 - We are princess!

The Royal Wedding... in den letzten Wochen DAS Thema. Jeder redete darüber, diskutierte, und wurde ob er wollte oder nicht im Abendprogramm über sämtliche verwandschaftlichen Verästelungen der Braut aufgeklärt. Auf allen Kanälen liefen Dokumentationen in Endlosschlaufe, die Tageszeitungen berichteten Seite um Seite über nichts anderes als Spekulationen über das Brautkleid, und in der SUN wurde sogar das nackte Seite-3-Mädchen auf Seite Zwölf verbannt. Seite Zwölf!

"Und? Gehen Sie hin?" fragte mich auf der Arbeit jeder zweite Anrufer. "Nö", so meine Standardantwort, "bin nicht eingeladen."
Ich freute mich vielmehr auf den extra Feiertag. Die Hochzeit bescherte uns nämlich ein viertägiges Wochenende.

Doch je näher das Ereignis rückte, und umso aufgeregter die Stimmung wurde, da kam ich dann doch ins Überlegen. Wäre es nicht toll, sich unter die fröhlichen Menschen zu mischen und ein wenig royale Atmosphäre abzubekommen? Ganz London würde Kopf stehen und jede Menge Schreibstoff und Fotomotive bieten. Und dann war mir klar, dass ich bei der Vermählung von Prinz William und Catherine Middleton nicht fehlen durfte.

Ich mag die Königsfamilie. Ganz besonders die Queen. Ist ja nicht so, dass sie eines Morgens aufgewacht ist, und beschlossen hat Königin zu werden. Da steckt ja so viel Geschichte und immernoch unveränderte Tradition dahinter.

Der Gawjus war entsetzt, als ich ihm von meinem Plan erzählte, am Hochzeitsfreitag nach London zu gehen. Sei doch viel zu viel los, und überhaupt würden wir es bestimmt nicht einmal in die Nähe der Parade schaffen, und so weiter. Er versuchte mir die Idee auszureden, aber war am Ende dann doch mit dabei.

Der Bahnhof war wie ausgestorben. "Siehste, so viele gehen wohl doch nicht hin", sagte ich. Aber bei Ankunft am Charing Cross Bahnhof mussten wir feststellen, dass alle schon dort waren... und die Straßen um die Paraderoude abgesperrt. Hohe grüne Bauzäune versperrten Weg und Sicht.

"Siehste", sagte jetzt der Gawjus vorwurfsvoll. Ich fühlte mich sehr von der Hochzeit ausgeschlossen. Aber wir waren nicht die Einzigen. Noch mehr Ausgeschlossene versammelten sich am Zaun und wanderten ziellos durch die Gegend. Manche kletterten auf Bushaltestellen und Bäume, um einen Blick über die Absperrung zu werfen.




Wir liefen planlos durch die Straßen. Aber plötzlich fing es an, wieder Spaß zu machen. Alle Straßen in der Innenstadt waren für den Verkehr gesperrt, und ich muss wirklich sagen, so entspannt war ich noch nie in London. Normal ist alles zu laut, zu eng, zu hektisch, aber so ganz ohne Fahrzeuge war es eine neue Erfahrung. Dorfstimmung in einer europäischen Hauptstadt. Fantastisch. Mitten auf der Straße liefen wir zum Picadilly Circus und beobachteten die fröhlichen Menschen mit ihren Union Jack Fähnchen.

Immer wenn wir uns ein wenig weiter von der Parade entfernten, sahen die Straßen so aus:

Dieser Anblick in Verbindung mit den ständig kreisenden Helikoptern war wirklich gespenstig. London im Ausnahmezustand.

Wenn sich Menschen zu Trauben versammelten konnte man sicher sein, dass es dort wohl irgendwo einen Fernseher gab. Und so konnten wir vor einem Schaufenster doch einen kurzen Blick auf das Brautkleid werfen.


Das war aber wirklich alles, was wir von der Zeremonie sahen.

Zu sehen gab es dann aber in der Nähe des Green Park wieder mehr. Wir standen einfach auf der Straße und beobachteten Leute.





Und dann kamen die Fahrzeuge mit den Hochzeitsgästen auf ihrem Weg von der Abbey zum Buckingham Palace.


War es eigentlich Zufall, dass wir direkt vor einem Angelladen standen, oder hatte das der Gawjus so eingefädelt?


Aber es war sicher Zufall, dass dieser Laden plötzlich öffnete. Und so schnell konnte ich gar nicht gucken, war der Gawjus schon darin verschwunden.
Na gut, seufzte ich, und folgte ihm.

Drinnen dann eine angenehme Überraschung. Nicht die üblichen dreckverkrusteten Eimer mit sich windenden Maden in allen Farben, sondern ein teuer eingerichteter Laden mit edler Fischereiausrüstung. Ungefähr zehn Mitarbeiter wuselten durch die Gegend... und tranken sich einen an. Es gab Sekt und Bowle... und einen Fernseher mit der Hochzeitsübertragung. Mittlerweile war das Brautpaar auf dem Balkon des Buckingham Palast angekommen. Ich mischte mich unter die Verkäufer, während der Gawjus in die handangefertigten Köderfliegen wühlte.
"Hach, gleich kommt der Kuss", säuselte ein etwas tuffiger Verkäufer und hielt sein Sektglas zwischen Daumen und Zeigefinger.


Wie auf Kommando küssten Will und Kate. Alle jubelten. Wir konnten im Fernseher die selbe Menschenmenge hören, wie draußen vor der Tür. Schon lustig, so live dabei zu sein.

Der Gawjus kam mit einem Arm voller bunter federiger Fliegen um die Ecke, und sah mehr als zufrieden aus.
"Leg das weg!" kreischte der Tuffige plötzlich. "Schnell! Alle raus! Der Bomber kommt!"
Geschockt rannten wir in einem Pulk Verkäufer zur Tür. Und sahen gerade noch ein altes Kriegsflugzeug über den Dächern verschwinden. Ach so, das gehörte zur Show.

Bei den Mitarbeitern kam auch endlich wieder der Geschäftssinn zurück. Der Gawjus durfte bezahlen. Während der Manager die Fliegen in kleine Pappschachteln packte, kam er noch ein wenig ins Erzählen: Der Laden existierte schon seit 170 Jahren, und statte die königliche Familie mit Ausrüstung fürs Fliegenfischen aus. Er entschuldige sich für den Ausnahmezustand heute, aber sie hätten sich schon sehr lange auf die Hochzeit gefreut und mussten einfach mitfeiern.

Die Absperrungen waren offen.
Wir gingen zum Trafalgar Square, wo wir immernoch eine riesige Menschenmenge und Live Band vorfanden.


Das ZDF war auch da:

Und dann trafen wir zufällig noch ein paar Bekannte und stießen mit einem kühlen Pint of Lager auf das gelungene Fest an. Und dann nochmal, und dann nochmal, und dann landeten wir direkt gegenüber des London Eyes noch auf einem Boot mit Barbetrieb und wiederholten das Anstoßen noch weitere drei bis zwölf Mal.

Hach, manchmal bin ich gerne Royalist.

Sonntag, 17. April 2011

Finde den Fehler



Richtig, hier sollte eigentlich das Internet eingesteckt sein. Das wurde aber noch nicht geliefert. Scheinbar lassen sich die Anbieter auch in England eine Menge Zeit mit der Installation.

Hier jetzt also mein erster Blogeintrag vom Handy aus, was irgendwie total genial ist, aber das Schreiben auf den winzigen Knubbeln, auf denen meine grobmotorischen Finger nur zu gerne abrutschen, kostet verdammt viel Muehe.

Was ich eigentlich loswerden wollte:

Heute bin ich genau zwei Jahre hier! Zwei Jahre!

Der treue Leser erinnert sich, dass das Einjaehrige doch noch gar nicht so lange her war. Aber was seither alles passiert ist... unglaublich.
Danke an alle fuers Mitlesen und Mitfiebern, ihr seid toll. Und ich werde ganz bestimmt bald wieder zurueck sein mit neuen Stories von der alten Insel.

Liebe Gruesse