Sonntag, 13. Dezember 2009

Tag 240 - Don't look back into the sun

Ich glaub der große Sargnagel ist das einzige Kind der Welt, das auf die Frage was es sich zu Weihnachten wünscht mit „Windpocken!“ antwortet. Zur Begründung gab es dann die logische Erklärung, dass Windpocken toll sind, da man ja eine Woche von der Schule freigestellt wird. Und außerdem kann man damit die Mitschüler beeindrucken. Windpocken also. Aber mir ist ganz recht, wenn Santa stattdessen lieber eine Barbie oder MylittlePony bringt. Ich bin mir nämlich nicht sicher, ob ich als Kind Windpocken hatte. Und alles was die Kids so an Krankheiten einschleppen krieg ich auch. Vor zwei Wochen zum Beispiel hatten wir Würmer. Eigentlich dachte ich, meine Ekelgrenze wird nicht mehr so schnell erreicht. Aber das hat mich dann doch ein wenig aus der Bahn geworfen. Würmer!! Sich windende weiße Maden, die meinen Körper als Brutstube für ihre Eier nutzen. Blärrrgh! Für einen Panikmoment dachte ich, die würden mich von innen auffressen. Bin zu meiner Doktorin gerast und hab mich über den Empfangstresen geschmissen. Ein Notfall! Ein Notfall! Würmer! Ich sterbe!!! Frau Doktor war jedoch ganz cool und hat mich erstmal auf den Boden zurückgeholt. Würmer bei Kindern sei das normalste der Welt. Und für gewöhnlich kriegt es im Haushalt dann jeder. Einfach alles waschen, eine Tablette schlucken, und alles wird gut. Sie hat Recht behalten. Aber eklig war es trotzdem. Ich hab es bisher auch nicht fertig gebracht, das irgendjemandem zu erzählen. So, zum Thema des Tages: Ich war auf der Bühne. Die Sache mit der Band läuft gerade etwas zäh, da jede Woche entweder Sänger oder Gitarrist oder beide nicht zur Probe kommen können wegen Arbeit/Freundin/Zahnarzt oder was auch immer. Und wenn doch mal was stattfindet, kauen wir immer auf denselben Stücken herum und kommen kaum einen Schritt voran. Frustrierend. Eines schönen Mittwoch Abends war mal wieder niemand zur Bandprobe erschienen, außer mir und dem Bassisten. Und während wir bei einem Bierchen gemütlich jammten, entstand plötzlich die Idee, einfach am nächsten Tag bei der Open Mic Night zu zweit auf die Bühne zu hüpfen und den Pub zu rocken. Adam der Bassist würde auf Gitarre und Gesang umsteigen, und ich solle am Keyboard die zweite Gitarre und den Bass spielen. Den passenden Song dazu hatten wir vor Wochen schon ausgewählt, aber es kam durch das ganze Herumgeeiere noch nicht dazu, ihn auszuprobieren. An diesem Abend jedenfalls probten wir ihn und es klappte auf Anhieb. Und je später es wurde, desto sicherer auch die Idee, Nägel mit Köpfen zu machen und am nächsten Tag aufzutreten. Auf jeden Fall! Aber so was von! Und wir haben es durchgezogen. Zugegeben. Ich war den ganzen Tag etwas hibbelig. Und am Abend (viel zu früh) im Pub auch echt nervös. Was, wenn ich beim auf die Bühne laufen über die Kabel fallen würde, und innerhalb von einer Sekunde die ganze Anlage demontieren? Das wäre so typisch! Oder wenn ich mich plötzlich nicht mehr an den Song erinnern würde. Oder wenn ich vor dem Keyboard stehen würde und jede Taste sähe gleich aus. Blackout? Oder wenn meine Hände kalt werden würden und dadurch die Finger steif? Mit fielen so viele Sachen ein, die schief gehen könnten. Und der Erwartungsdruck! Ich hab ja schon einen gewissen Bekanntheisgrad im Special Freak Pub. Sarah, the German bird. Und wenn ich dann plötzlich auf der Bühne stände, dann würde sich das wie ein Lauffeuer verbreiten. Aber dann hab ich mich doch daran erinnert, dass das „nur“ Open Mic ist. Jeder mehr oder weniger Talentierte kann vortragen was er will. Und das Publikum ist freundlich. Wenn jemand sein Bisschen so gar nicht auf die Reihe kriegt, dann gibt es Unterstützung von den Chipolatas. Das sind die alteingesessenen Musiker, die plötzlich aus dem Nichts als Backgroundsänger, Rhythmusrassler oder Takttrommler auf der Bühne auftauchen und dem überforderten Künstler das Stück retten. Nach einem Beruhigungsdrink war ich dann fertig mit nervös sein. Einer der Chipolatas, der sagenhafte Vincent, erklärte sich bereit, Adam und mich auf der Trommel zu begleiten. Und dann war es soweit. Ich bin NICHT über die Kabel gestolpert. Natürlich gab es Aufregungspatzer und meine Hände waren kalt, aber im Großen und Ganzen lief es glänzend. Wir hatten außerdem noch das Glück, dass der Song (The Libertines: Don’t look back into the Sun) gut ankam und einige mitsangen. Vor allem die ganzen Schwulis mit ihren besten Freundinnen. Begeisterte Pfiffe und Beifall am Ende… man beachte auch das Küsschen am Schluss, ist das nicht süß? Ich bin jedenfalls den Rest vom Abend ein paar Zentimeter über dem Boden geschwebt, hab mich feiern und beglückwünschen lassen, als hätte ich eine Supercastingshow gewonnen… und hab Blut geleckt. Mehr davon! In den nächsten Wochen wird neuer Stoff geprobt und das Alte verbessert und vertieft. Anfang Januar geht’s wieder auf die Bühne. Ansonsten war vergangene Woche nicht ganz so toll. Die Kinder haben sich aufgeführt, wie Wilde und es hat sich ein mächtiges Aupairbeben zusammengebraut. Gefolgt vom Mummybeben und dieses Wochenende hoffentlich noch Daddybeben. So nicht! Scheinbar macht vor allem der kleine Sargnagel gerade eine nervtötende 4-jährigen-Trotzphase durch. Boah nee ey. Aber davon schreib ich jetzt nichts, weil es ist Sonntag und grade so schön ruhig. Und nächste Woche wird eine gute letzte Woche mit den Kids, bevor ich mich in den Weihnachtsurlaub verabschiede. Letzte Woche haben wir Lebkuchen-Hexenhäuser gemacht, das will ich nächste Woche noch mal aufgreifen mit ein wenig besser gelaunten Sargnägelchen. Hoffentlich.

Mein Look-a-like-Projekt nimmt übrigens Formen an. Ich konnte im Pub Bilder von ein paar Leuten machen und mit ihren prominenten Doppelgängern vergleichen. Und mal sehen, wer mir heute Abend beim Pubkonzert noch so über den Weg läuft. So, das war’s von mir. Ich werf mich jetzt auf das Sofa und werde den ganzen Nachmittag nur den Zeigefinger bewegen, um die Knöpfe auf der Fernbedienung zu drücken. Ich wette, es laufen Unmengen von kitschigen Vorweihnachtsfilmen. Es gibt sogar einen Channel, der nennt sich Christmas 24, da kommen rund um die Uhr Weihnachtsfilme. Genau nach so was steht mir jetzt der Sinn.

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