Donnerstag, 5. November 2009

Tag 202 - Love of my life

Mich hat’s erwischt! Aber richtig! Wow, ich hatte ganz vergessen wie sich das anfühlt. Mein Herz schlägt wie verrückt und ich hab Gänsehaut am ganzen Körper. Mir wird abwechselnd heiß und kalt. Es ist, als würde ich IHN schon ewig kennen. Jedes Mal wenn ER sich meldet, zieht sich mir das Herz in der Brust zusammen. Im einen Moment könnte ich heulen, im anderen nur theatralisch seufzen, wenn ich an IHN denke. Ich kann nicht mehr essen, nicht mehr klar denken… wegen IHM. Und nachts wälze ich mich stundenlang im Bett, weil ER mich wach hält… ER… mein Husten. Ich hab Bronchitis. Und wie geht’s euch so? Die letzten 48 Stunden hab ich mich kaum aus dem Bett bewegt. Zuerst war ich etwas besorgt, ob es vielleicht Schweinegrippe, weil es jetzt doch so schnell ging mit dem krank werden. Am Wochenende bin ich noch putzmunter im Pub rumgehüpft, mit meinen Vampirzähnen. Am Montag ging’s dann los… von Minute zu Minute fühlte ich mich schlechter. Dienstagmorgen hab ich dann noch die Kids zur Schule gebracht, ich bin fast gekrochen, und dann doch mal in der Arztpraxis reingeschneit, die auf dem Schulweg liegt. Am Eingang war ein riesiger Aushang, dass man ja nicht dort aufkreuzen soll, wenn man Grippesymptome hat. Aber hallo? Was soll das eigentlich? Hat man keine Chance auf Behandlung, wenn’s doch nur ne normale Grippe ist? Soll ich ins nächste Krankenhaus trampen, das einen Schweinegrippesicherheitseingang hat? Oder am Besten mit den Öffentlichen hinfahren, damit es auch ja jeder abkriegt? Man soll Zuhause bleiben, sagt die 0800 Schweinegrippepanikhotline. Jaaa, und dort dann friedlich vor sich hinsterben. Gute Idee. Also bin ich trotzdem in die Praxis. Symptome waren zwar vorhanden, aber der Husten kam mir dann doch irgendwie vertraut vor. Ich kenn doch meine Bronchien. Richtige Entscheidung. Kurz abgehört, Rezept für Antibiotikum ausgehändigt, bei der Apotheke vorbei, nach Hause ins Bett. Letzten Donnerstag war ich mit den Sargnägeln im Park. Blauer Himmel, strahlende Sonne, goldenes Laub. Mittlerweile ist es merklich kälter geworden, aber jeden Nachmittag trotzdem sonnig und schön. Ich bin wirklich gespannt, wann das richtige Londoner Regenwetter Einzug hält und ob ich es verkrafte, so verwöhnt, wie ich vom letzten halben Jahr wurde.

Am Freitag dann hab ich es tatsächlich wahr gemacht und bin mit den Kids ins Natural History Museum. Es war stressig! Wahnsinnig stressig. Ich hatte noch ein Leihkind dabei. Drei Sargnägel also, aber nur zwei Hände. Nachdem ich ihnen dann aber klargemacht hatte, dass die London Underground KEIN Spielplatz ist, ging’s. Zur Verdeutlichung hat eine Tube beigetragen, die so laut aus dem Tunnel gebrettert kam, dass alle drei plötzlich an mir dranhingen wie Christbaumkugeln. Das Gebäude des Natural History Museums ist wirklich wunderschön. Es sieht eigentlich eher aus wie eine Kathedrale. Ähm, ja. Wir hatten auch sehr lange Zeit, es zu bestaunen, da wir erstmal eine Stunde anstehen mussten. Eigentlich klar, es waren Ferien. Das war auch der Grund, warum hauptsächlich Engländer in der Warteschlange standen. Ich hatte ja eigentlich mit tausenden von Touristen gerechnet. Und die vielen Kinder! Aaaaah! Nerv! Schließlich hatten wir es doch bis in die Eingangshalle geschafft. Wow, wirklich Wow! Das Wort Kathedrale hatte ich schon, oder? Und das riesige Dinosaurier-Skelett, meine Kids haben kaum mehr den Mund zu gekriegt vor Staunen. Wir wollten eigentlich auch direkt zur Dinosaurierabteilung durchmarschieren… was sich aber als unmöglich herausstellte. Eine weitere Warteschlange von mindestens einer halben Stunde stand vorm Dinosaurier-Eingang. Nee, oder? Ich hab dann die Sargnägel auf später vertröstet und wir sind zuerst zu den Säugetieren. Auge in Auge mit dem knapp 30 Meter langen Blauwal waren die Dinos aber sofort vergessen. Doch, wirklich faszinierend. Ich finde, die haben sich wirklich richtig Mühe gegeben mit dem Museum. Es gibt jede Menge zu tun für Kinder, Rätsel, kindgerechte Informationen, kleine Versuche…es war super. Trotz dem Gedränge. Übrigens hab ich allen dreien einen kleinen Zettel mit meiner Handynummer und ein Bonbon in die Hosentasche gesteckt. Ich hab gesagt, wenn sie verloren gehen sollten, dann sollen sie nicht weinen, sondern das Bonbon lutschen. Und dann entweder einen Museumsmitarbeiter oder eine Familie mit Kinder fragen, ob sie mich anrufen könnten. Ich hab die Mädels einmal aus den Augen verloren. Zehn Minuten später kamen sie mir dann schmatzend und total entspannt entgegen. Ha, Plan aufgegangen. Nach den Fischen, Insekten und Vögeln waren wir noch beim Herrn Darwin. Der hat übrigens nur ein paar Meilen entfernt von hier gewohnt, in Chistlehurst. Danach haben wir noch einen Abstecher zu den Planeten geschafft, aber dann waren die Kids wirklich müde. Nach den Dinos hat keiner von den dreien mehr gefragt. Die Warteschlange hatte sich in der Zwischenzeit übrigens noch verlängert. Als ich die Sargnägel dann endlich in den Zug Richtung Heimat geschafft hatte, ist eine ordentliche Portion Anspannung abgefallen. Wenn ich so einen Ausflug noch einmal mache, dann muss unbedingt noch ein zweiter Erwachsener mit. Ich bin am Abend im selben Moment eingeschlafen, als mein Kopf auf dem Kissen auftraf. Und am nächsten Tag war ja Halloween! Unglaublich, was erwachsene Menschen einen Aufwand um dieses Ereignis machen. Stundenlange Vorbereitung, Kostümprobe, Schminkprobe, letzte Details, Accessoires… Kam ich mir letzte Woche blöd vor, als ich minutenlang vor einem Ladenregal stand, das abgetrennte Plastik-Arme in allen Farben und Größen führte. Ich hab mein Kostüm dann kurz vor knapp im Charity Shop für unter 5 Pfund gefunden… ein echt genialer, schwerer, schwarzer, fast bodenlanger Mittelalter-Samtrock und eine durchsichtige Bluse, die entfernt wie Spinnweben aussieht. Schwarze Perücke und ein paar Plastikspinnen, angeklebte Vampireckzähne, kränkliches Make Up und Kunstblut. Fertig. So lief ich also im Special Freak Pub ein. Riesige Party! Ich wollte ein paar Leute zu ihren gelungenen Kostümen beglückwünschen, aber dann ist mir aufgefallen, dass sie ja gar nicht anders als sonst aussahen. Andere dagegen waren kaum wieder zu erkennen. Und viele hatten das Motto „Zombie Rock Star“ und profitierten von ihrem sowieso schon vorhandenen Look-a-like. Freddie Mercury war da, Amy Winehouse, Kurt Cobain, Alice Cooper. Erinnert sich noch jemand an meine Begegnung mit Dustin Hoffman an Tag 37? Er war auch da. Unverkleidet. Und ich hab’s mal wieder verschlafen ein Foto von ihm zu machen. Nächstes Mal dann. So, die Wirkung vom Paracetamol lässt nach. Hülfe, mir geht’s ja so schlecht. Aber ich hab bestimmt schon seit zwei Stunden fast nicht mehr gehustet. Scheinbar will ER schon wieder Schluss mit mir machen. Ich werde drüber wegkommen. Zieht euch war an, es wird bald Winter. Ich hab schon die ersten gut schmeckenden Mandarinen gefunden. Und im Shoppingcentre steht der größte künstliche Weihnachtsbaum, den ich jemals gesehen habe. Aber es kann ruhig noch eine Weile Herbst bleiben. Die Kohlköpfe haben sich farblich jetzt auch der Jahreszeit angepasst.

1 Kommentar:

  1. OMG!! Das ist ein Museum?? Beim Lesen der Mail dachte ich erst, du übertreibst etwas... aber WOW!! Hätte ich nie im Leben gedacht, dass das dieses Museum ist... Krasse Sache!
    Übrigens: Echt cooles Kostüm, hoffe du hast dein erstes ordentliches Halloween äußerst genossen...
    Wie sehr wollte ich an dem Tag doch in Amerika sein, vorallem nun, da ich auch da volljährig bin^^

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