Mittwoch, 23. Februar 2011

Tag 669 - Put it!

Eine Email tauchte plötzlich im Posteingang meiner förmlich-seriösen Bewerbungs-Emailadresse auf. "Blablabla... den perfekten Job für Sie... blablab... ruf! mich! an!" Oder so ähnlich. Klick, sofort gelöscht.

Am nächsten Tag ein Anruf in Abwesenheit auf meinem Handy. Unbekannte Nummer. Mal zurückgerufen, eine 02 Mailbox. Kann nicht wichtig gewesen sein.

Nächster Tag während der Arbeit. Handy vergessen auf lautlos zu schalten. Die Nummer ruft wieder an. Chef ist gerade nicht in der Nähe, so nehme ich den Anruf an.

"Huuuhuuu!" Eine Trällerzwitscherstimme. "Wegen der Email. Haben Sie denn jetzt Interesse an dem Job oder nicht?"

"Also jetzt gerade nicht!" sage ich ein wenig grantig. Das kommt davon, wenn man seinen Lebenslauf auf Jobseiten online stellt. Jetzt rufen die Spammer auch noch an. "Ich arbeite!"

"Ich versuche es später nochmal, tschüühüüü!" flötet die Nervsuse.

Und sie versucht es wirklich. Hartnäckig. Zu allen Tageszeiten. Am nächsten Tag. Am Tag danach. Und noch eine Email mit Rückrufbitte. Oder Angabe einer Uhrzeit wann sie anrufen könne. Es sei supi dringend.

"Na gut", denke ich. Schreibe ihr eine Uhrzeit, die in meiner Mittagspause liegt. "Der geb ichs", beschließe ich noch.
Am nächsten Tag klingelt es pünktlich in meiner Mittagspause. Die Nervsuse ist dran.

"Endlich!" jauchzt sie. Und fängt an ohne Punkt und Komma runterzurattern, dass sie ein Recruiter sei, was soviel wie eine Personalvermittlerin ist. Und sie hätte meinen Lebenslauf online gesehen und der würde ja so toll auf einen Job passen, den sie gerade zu vermitteln gedenke.

"Jaja" sage ich genervt. Ich kenn das doch. Da werfen die Personalvermittler ihren Köder aus, warten bis jemand anbeißt, ziehen die Leine ein, teilen dann mitleidig mit, dass der Job nicht mehr verfügbar sei und drängen einen zum Abschluss eines Vermittlungsvertrages. Alles schon gehabt.

Der Köder ist aber auch verlockend. Ein deutsch-englisch-sprachiger Job in der Hauptverwaltung eines SEHR bekannten Unternehmens. Gute Bezahlung. Die Anforderungen stimmen fast schon wörtlich mit meinem Profil überein. Sehr verdächtig.

"Jaja!" schreie ich fast. "Ich weiß schon, dass das eine Verarsche ist. Und am Ende kriege ich eine fette Rechnung und von Arbeitsvermittlung ist keine Spur. Ich kenn euch Geier doch!"

Es wurde kurz ganz still in der Leitung. Und dann brach die Nervsuse doch tatsächlich in schrilles Lachen aus. "Hihihihi, aber nein, das ist doch illegal!“ Sie kriegte sich kaum mehr ein. Nach einer Weile versicherte sie dann, dass sie wirklich wirklich im Namen dieses Unternehmens anrufen würden, und die total scharf auf ein Vorstellungsgespräch seien. Aber es sei sehr eilig, weil sie sich jetzt wirklich festlegen wollten. Morgen? Ja?

„Also ich bin total busy“, hab ich noch arrogant abgewehrt. Immer noch an ihrer Seriosität zweifelnd. „Rufen Sie morgen nochmal an.“

Und dann kam es, dass Mr. B an diesem Tag wieder besonders widerwärtig war, und ich nur noch aus dieser verdreckten Apotheke rauskommen wollte und das Weite suchen. Das war der Grund, dass ich am nächsten Tag wieder abhob, als die Nervsuse anrief. „Vorstellungsgespräch! Morgen!“ jauchzte sie. Zuerst solle ich sie treffen, und danach würde ich beim Unternehmen vorstellig werden.

„Also gut“, seufzte ich. Was hatte ich schon zu verlieren. Wenn sie mir beim Treffen mitteilen würde, dass die Stelle leider, leider nicht mehr zu vergeben wäre, aber ich ja einen Vermittlungsvertrag unterschreibe könne… dann hätte ich schon ein Ventil für meinen Frust. Und ich malte mir die tollen Sachen aus, die ich mit ihr anstellen würde. Würgen. An den Haaren herumschleudern. Ihr ins Gesicht schreien.
Andererseits, sie war so hartnäckig und kam so ehrlich rüber… wenn die Stelle doch existierte?

Heute, 9 Uhr morgens. Noch kurz in der Apotheke angerufen und einen Migräneanfall vorgetäuscht. Da traf ich auch schon die Nervsuse am Bahnhof von Waterloo. Sie nahm meine Übellaunigkeit recht positiv, kaufte mir einen Kaffee und überschüttete mich mit Komplimenten und Papierkram. Hah! Der Vermittlungsvertrag… äh nein… eine Stellenausschreibung. In der Hauptverwaltung des SEHR bekannten Unternehmens. Wow, passte genau auf mein Profil.

„Das Vorstellungsgespräch dort ist um 11 Uhr, und ich werde dich jetzt darauf vorbereiten, okay?“ lächelte die Nervsuse.
Ich brauchte einige Sekunden um zu realisieren, was sie gerade sagte.
„Die Stelle existiert wirklich?“ fragte ich ungläubig.
Wieder Lachen.

Und plötzlich war ich ganz Ohr. Die Stellenbeschreibung klang super. Das Gehalt sehr gut. Oh mein Gott. Das klang viel zu gut um wahr zu sein. Aber ich saß doch wirklich hier, und ich war im Begriff mich bei diesem Unternehmen tatsächlich vorzustellen!!!

Die Nervsuse redete und redete. Gab Tipps und Anregungen und machte ein Rollenspiel. Und ich war schlecht. Total verwirrt und geschockt. Aber trotzdem setzte sie mich nach einer Stunde in den Zug zum Vorstellungsgespräch. Und einige Zeit später stand ich auch schon vor dem Gebäude. WOW!

Und was soll ich sagen, das Gespräch lief sehr gut. Ich redete und redete, achtete auf meine Körpersprache, versuchte kompetent, seriös und witzig zugleich rüberzukommen. Aber die Interviewer machten Pokerface und ließen mich keine Sekunde wissen, woran ich war. Sie würden sich am Nachmittag entscheiden, sagten sie nur und entließen mich nach einer halben Stunde ins Freie.

An Apotheke war nicht mehr zu denken. Ich fuhr gleich nach Hause und packte noch ein paar Kisten für den Umzug übermorgen. Also wenn das klappen würde, dachte ich nur die ganze Zeit. Wenn das klappen würde. Und dann kam der Anruf…

ICH HABE EINEN NEUEN JOB! Am 07.03. fange ich an.

Und jetzt schreibe ich eine Kündigung für Mr. B und PUT IT morgen in seinen Arsch.

8 Kommentare:

  1. Herzlichen Glückwunsch!! (Und sorry, aber ich musste gerade sehr lachen!)

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  2. Hey - Glückwunsch auch von mir.
    Deine Zweifel an der Seriösität des Jobangebots haben mich herzhaft zum grinsen gebracht. Toll dass es doch kein Fake war.

    Liebe Grüße aus Bielefeld
    Bine

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  3. Jaaaaaaaaaaaaaa "Put it" in de Arsch und mach dass du dort weg kommst.
    Bist halt doch ein Glückskind und alles wird gut.
    Ich freu mich schon
    dai Monale

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  4. Na, das sind mal Good News!!!
    Ich freu mich für Dich!
    Siehste - alles wird gut...

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  5. Ich liebe Deinen Blog :-)

    Auch wenn wir uns nicht kennen:
    Glückwunsch zur tollen Green-Door-Wohnung und Glückwunsch zum neuen Traumjob.

    Put the Chef a big "leck mich am Arsch" on the Kündigung :-)

    Grüße aus dem Schwabenländle
    -

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  6. Pe-eS-ingen:
    Fast vergessen:
    Grüße vom kleinen, unbekannten Frageplage-Blog auf Wordpress

    Bisschen Eigenwerbung darf doch sein *fg*
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  7. Dankeschön Frau Zimmer! :-)

    Danke Bine, ja, hilfe, ich muss gerade immer daran denken, welche Chance ich da hätte flöten gehen lassen. Wenn die Nervsuse nicht so hartnäckig gewesen wäre...

    Danke Monale :-) Freu mich auch schon auf dich!

    Danke Juliane, ich hoffe bei dir ergibt sich jobmäßig auch bald was Positives. Alle Daumen gedrückt!

    Danke auch an Anonym aus dem Schwabenländle (ha gugg e mol do no!) Eigenwerbung, hajo klar! Irgendwie muss es auch möglich sein, deine Blogadresse in den Kommentarnamen einzufügen, musst mal gucken ;-)

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  8. !!!! Toll.
    Ich kann nur gratulieren. :)

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