Samstag, 8. Dezember 2012

The Railway Children

...so nennen sich die Pub Freaks jetzt und so werde ich sie jetzt auch nennen anstatt Freaks. Im Buch warten die Railway Children darauf, dass der unschuldige Vater wieder aus dem Gefängnis kommt... und die hiesigen Railway Children warten darauf, dass der "Railway Pub" endlich wieder aufmacht.

Fast ein halbes Jahr ist der hier schon so oft erwähnte Lieblingspub zu. Dort hat mein England-Abenteuer erst so richtig angefangen. Jeden Donnerstag die besten Musiker auf der Bühne spielen zu sehen, selbst aufzutreten, den Gawjus kennenzulernen und all diese wunderbaren Leute zu treffen... hach, es ist so schade dass der Pub nach vielen Jahrzehnten wohl am Ende angekommen ist. Es wird gemunkelt, dass wahrscheinlich ein Supermarkt darin eröffnet oder ein McDonalds. Oder aber es wird eine dieser Publeichen, die jahrelang leer stehen und dann irgendwann abgerissen werden.

Gestern aber sind die Railway Children aus der Versenkung aufgetaucht. Durch hauptsächlich Mundpropaganda (denn viele Freaks haben weder Facebook noch Telefon) hatte sich herumgesprochen, dass in einem kleinen Clubhaus eine Weihnachtsparty stattfinden sollte. Freitag Abend. Live Musik.

In den letzten Monaten hatten der Gawjus und ich viel gearbeitet. Musik haben wir auch nicht viel gemacht, und ausgegangen sind geldspartechnisch auch nich so oft. Heiraten und Hauskauf sind plötzlich zum Thema geworden. Die spießigen H-Wörter. Hamstern, horten, hurtig hasten. Nicht viel Zeit für ein cooles Rockstar Dasein. Wir sind etwas aus der Übung. Deswegen beschließe ich Freitag am frühen Abend, dass wir mal wieder so richtig abrocken müssen. Ich schenke dem Gawjus und mir erst einmal einen frühabendlichen Whiskey Cola ein, statt Wein, damit wir in die Gänge kommen. "Gibts noch was zu Essen?" fragt der Gawjus misstrauisch. Essen? Hah! Rockstars essen doch lieber flüssig, oder? Oder wir könnten uns einen matschigen Burger holen auf dem Weg zur Party. Oder kalte Pizza. Irgendwas abgerocktes.
Wir kochen Tortellini mit Tomatensoße. Ohne Salat. Rockers essen das bestimmt nicht.

Ich ziehe eine alte Jeans und T-Shirt an. Der Gawjus schmiert Gel in die Haare... und rasiert sich. Nicht geradeRock 'n Roll. Und dann will er ein Taxi rufen.

"Nee nee!" sage ich bestimmt. "Wir nehmen den Bus!" Die Party ist nicht weit weg. Ungefähr so weit, dass der Engländer es "Down the road" nennt. Man könnte die Distanz sogar zu Fuß bewältigen. Taxi, püh, ich mache mir Sorgen um den Gawjus.
Schweigend sitzen wir im Bus, umringt von giggelnden Teenies in kurzen Röcken und hohen Absätzen auf dem Weg in die Freitag Nacht. Ich fühle mich seltsam alt.

Aber dann kommen wir am Club an. Und da sind sie alle! Die verstoßenen Railway Children. Ein großes Hallo, viele Wangenküsschen und How are yous. "I haven't seen you in aaaaaaaages!" Kreischt es aus jeder Richtung. In Windeseile werden Instrumente ausgepackt, Gitarren gestimmt, Getränke bestellt. Die Stimmung ist schon großartig befor die ersten Musiker anfangen zu spielen. Alle tanzen, singen, trinken, umarmen sich. Die Musik, ich habe die Musik vermisst. Ich fange an zu filmen und versuche irgendwie diesen Abend festzuhalten. Wer weiß, wann wir das nächste Mal so zusammen kommen.

Um kurz vor Mitternacht ertönt die Glocke hinter der Bar. Sperrstunde. Jetzt schon? Das Licht geht an. Immernoch wird gejammed und getanzt. Noch kurz an die letzten Momente klammern. Und dann ist es vorbei.

Am nächsten Tag finde ich eine Stunde Filmmaterial auf meinem Handy. Ich fange an zu schneiden und übrig bleibt ein viereinhalbminütiges Video, dass ich hier online stellen werde um meinen lieben Lesern hier einfach mal einen Eindruck zu verschaffen wie so ein Railway Abend aussieht.



Übrigens, falls sich jemand für die Musiker interessiert (ich hab versprochen Werbung zu machen)

Whitestar (Die sind so gut, unbedingt mal auf Myspace die Songs auschecken)
The Thunderbolts (Rock 'n Roll, baby!)
Al Keval (Reggae Gott)

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