Sonntag, 14. September 2014

My Big Fat English Wedding Extravaganza - Teil 1

Die Hektik der Vorbereitung wich irgendwann einer fast schon beängstigenden Gleichgültigkeit. Wie, der Catering Typ hat kein Handy und reagiert auch nicht auf Emails, und Art des Grillzeugs sowie Preis ist auch noch nicht bestätigt? Naja.
Immernoch kein Preisvorschlag vom Rugbyclub und das versprochene Festzelt, das schon in der Woche vor der Hochzeit aufgebaut werden sollte ist einen Tag vorher immernoch nicht da? Ach ja. Egal.
Die Fotografin, vorgeschlagen von jemandem der jemanden kennt der jemanden kennt hat keine Erfahrung mit Hochzeiten oder anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen, aber die nimmt sehr schöne Fotos von Zuchtpferden auf. Soll sie mir welche senden? Ach nee, lass mal. Komm einfach zur Hochzeit und knips drauflos.

Alle Puzzelteile fügten sich erstaunlicherweise am Tag vor dem großen Ereignis ganz von alleine zusammen. Und es fing an mit dieser Lieferung





Zwei tüchtige junge Männer von einer Gerüstbaufirma bauten uns in windeseile einen kastenförmigen Unterstand. Mit regendichter Plane verkleidet und Sperrholzplatten auf den Boden genagelt hatten wir nur wenige Stunden später eine mehr als zweckmäßige Bühne.
Und während wir so werkelten kam auch plötzlich ein LKW mit dem Zelt angefahren, das innerhalb kürzester Zeit an seinem Platz stand.
Der Caterer Typ ohne Telefon stand auch plötzlich wie aus dem Nichts vor uns und erzählte wild gestikulierend welche Leckereien er am nächsten Tag für uns auf den Grill werfen würde. Ich klopfte ihm auf die Schulter und versicherte ihm, dass ich ihm da total vertrauen würde. Er strahlte.

So ging der letzte Tag sehr arbeitsreich aber auch sehr produktiv zuende. Ich hatte noch eine total schiefe und ungefähr zwei Zentner schwere Hochzeitstorte gebacken, einiges an Dekomaterial und Musikzubehör im Rugbyclub deponiert, und alles andere lag in den Händen der Helfer und Helfeshelfer, die am Samstag zu Werke gehen würden, während wir die Ringe im Leuchtturm ansteckten.

Der Gawjus verbrachte traditionsgemäß die Nacht vor der Hochzeit außer Haus bei seinem Bruder. Ich trank abends noch ein Glas Wein, schaute eine Folge meiner Lieblings-Seifenoper und ging früh ins Bett...

...nur um am Samstag Morgen mit einem Ruhepuls von 270 Schlägen pro Minute zu erwachen. Da war sie also, die Nervosität. Ich rannte einen Graben in den Teppich um den Esstisch. Total kopflos und ohne Ziel. Oh Gott. Oh Gottogott. Warum war ich so nervös? Es war nicht das heiraten an sich, beschloss ich, sondern einfach nur die Aufregung ob alles nach Plan gehen würde. Ich ersparte mir eine Tasse Kaffee, nicht notwendig sonst hätte ich noch abgehoben. Es war meine Nachbarin, die das Ruder übernahm. Sie parkte ihren riesigen Schminkkoffer auf dem Tisch und kochte mir einen Fencheltee. Danach bemalte sie mich mit ruhiger Hand bis ich wie ein menschliches Wesen aussah. Danach zum Frisör, Haare gezähmt, und zu meiner Überraschung schaffte es die Frisöse tatsächlich alles nach meiner Vorstellung hinzukriegen. Eine Woche vorher hatten wir schon einmal einen Probedurchgang und sie hatte meine Haare in eine Art Amy Winehouse Vogelnest verwandelt. "Nicht Hochzeit, denk Festival!" hatte ich ständig wiederholt und den Lockenzwirbler weit weggeschoben. Keine Locken. Nein. Keine Locken. Nein, auch keine Löckchen. Glatt und ohne Volumen. Das ist genau was ich wollte. Danke.

Wieder zurück nach Hause trudelten langsam die Leuchtturmgäste ein. Ich hüpfte in mein Kleid und setzte das Blumendings auf, das ich extra von einem Blumenladen anfertigen hatte lassen und mir vorher überhaupt nichts darunter vorstellen konnte ("Ich hab grade kein Beispielbild da, aber da zwirbeln wir etwas für Sie zusammen." - "Okay."). Zu meiner Überraschung sah es echt gut aus.
Und dann kam auch schon der Brautwagen. Der Vater vom Gawjus hatte seinen 7-Sitzer im Thema Leuchtturm und Fische dekoriert, und es sah einfach nur super aus.



Und so machte sich die ganze Gesellschaft auf in Richtung Süden zur Küste, wo unser Leuchtturm auf uns wartete.



Ich konnte kaum atmen während der Fahrt. Ich war so nervös wie noch nie in meinem Leben. Meine Mutter neben mir, mein Bruder mit seiner Freundin hinter mir. Die Kilometer krochen dahin.
Dann die erste Sichtung des Leuchtturms. Man kann ihn schon von weitem erkennen und mein Magen rutschte irgendwo zu meinen Knien.

Alle Erinnerungen an die ersten Minuten im Turm kommen mir noch sehr unwirklich vor. Ich weiß, dass sich die beiden Standesbeamten vorstellten und die Leuchtturmwärterin um mich herumhüpfte wie ein Flummi. Ich musste noch meine Daten bestätigen, meinen Beruf, Adresse, Namen, aber die Buchstaben verschwommen vor meinen Augen, so nickte ich einfach nur.
Und dann war mein Vater an meiner Seite und unsere Einlaufmusik ertönte. Wir hatten am Ende schließlich "All you need is love" gewählt, von den Beatles, allerdings als Klassikversion. Ich hängte mich bei meinem Vater ein und feierlich schritten wir zur Treppe, die nach oben in den Turm führte. Nur um dann festzustellen, dass diese zu schmal für zwei Personen war, und ich keine Hand frei hatte um mein Kleid hochzuhalten, das sich wie eine Zwangsjacke um meine Füße schnürte. Die letzten Minuten meines Singledaseins fluchte ich noch einmal herzhaft, weil das Unterkleid wahrhaftig enge Freundschaft mit meinen Schuhen geschlossen hatte, ich rupfte und ruckelte und stolperte fast die Treppen hoch. Wie unpraktisch ist denn bitte ein Hochzeitskleid? Das würde ich an diesem Tag noch öfter denken.

Wir erreichten die Zeremonie-Etage in einem Stück. Noch kurz ein wenig Gerangel, weil ich auf der falschen Seite stand und um meinen Vater herumlaufen musste, während er um mich herumlief und wir uns kurz drehten wie Brummkreisel, aber dann stand ich endlich neben meinem Gawjus und versuchte so romantisch wie möglich zu gucken, aber nach seiner Erzählung gleichte mein Gesichtsausdruck wohl eher einem vom Scheinwerfer geblendeten Kaninchen. Ich war so nervös.

Die Zeremonie war kurz und knackig, und auch sehr locker. "I do solemnly declare that I know not of any lawful impediment why I, Sargnagelaupair, may not be joined in matrimony to Gawjus" Wir stolperten beide über das Wort "matrimony" und kicherten, steckten die Ringe an, und unterschrieben das Register während zwanzig Kameras auf uns gerichtet waren. Keine Panik.

Zeit für Schampus. Auch Zeit um die Fotografin zu begrüßen. Wir stiegen alle 169 Stufen nach oben und machten ein paar Fotos, wir stiegen alle Stufen wieder runter und machten noch mehr Fotos. Ein Gruppenfoto war leider ein Ding der Unmöglichkeit, da niemand der Fotografin Gehör schenken wollte. Schade, aber egal. Vielleicht sollte ich hier erwähnen, dass die Windgeschwindigkeit ungefähr gefühlte 70km/h betrug, und als ich vom Leuchtturm ins Freie trat, bäumte sich mein Kleid so sehr auf, dass ich fast das Gleichgewicht verlor. Nichtsdestotrotz gingen wir an den Strand und warfen ein paar Steine ins Wasser. Der Wind brauste, die Wellen schäumten. Herrlich.

Danach gab es Fish & Chips im einzigen Pub. Obwohl ich die Hochzeitsgesellschaft schon lange vorher angemeldet hatte und auch immer wieder zwischendurch daran erinnert hatte, und die Woche vorher schon die ganzen Essenswünsche durchgegeben hatte, stellte sich der Pub doch als ziemlich unflexibel heraus. Die zwei reservierten Tische standen ein Stück auseinander mit einem Billardtisch in der Mitte, der sicher für zwei Stunden zur Seite geschoben hätte werden können. Der Service war auch nicht ganz so herzlich, und man schien mit 18 angemeldeten Gästen etwas überfordert. Aber egal. Die altbekannte Nervosität überfiel mich nach dem Essen schon wieder, denn der Hauptteil des Tages sollte ja erst noch stattfinden: Die Party. Dazu mehr ein anderes Mal.

Natürlich hätte ich hier gerne ein paar Fotos eingefügt, aber obwohl all die Kameras auf uns gerichtet waren, habe ich bisher noch kein einziges Bild von der Zeremonie zu Gesicht bekommen. Habe mal vorsichtig bei der Zuchthengst-Fotografin nachgefragt, aber sie scheint noch mit Editieren beschäftigt zu sein. Wahrscheinlich kriegen wir alle ein Halfter und Sättel reingephotoshopped. Man darf gespannt sein.

2 Kommentare:

  1. Oh Sarah!
    Was für eine Aufregung! So als Außenstehende kann ich natürlich drüber schmunzeln und kichern aber als Braut?! Hut ab, für deine Coolness. Aber ich glaube auch, irgendwann denkt man einfach nur : Alles wird gut" und das wird s dann auch. Du bist eine sehr hübsche Braut das Blumengezwirbel steht dir ausgezeichnet und wie toll ist denn das Auto bitte?! Im Leuchtturmstyle, klasse! Ich bin sehr gespannt auf die photogeshoppten Pferde-Hochzeitsbilder :D
    Herzliche Grüße
    Dani

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  2. Herzlichen Glückwunsch! Und wir wollen die Schuhe mit dem Kleid sehen!

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