Sonntag, 28. September 2014

My Big Fat English Wedding Extravaganza - Teil 2

Die Heimfahrt nach der Zeremonie im Leuchtturm schien ewig zu dauern. Ich war so gespannt, wer uns alles am Rugbyclub erwarten würde. Die Uhrzeit war ziemlich früh angesetzt - 18 Uhr - und ich rechnete damit, dass wahrscheinlich wohl eher Verwandtschaft und Leute mit Kindern früh auftauchen würden, und alle anderen erst später, wenn die Party in vollem Gange war.

Ich sollte mich täuschen.

Als wir endlich in unserem Hochzeitswagen auf das Gelände rollten, sahen wir schon von Weitem, dass sich eine beachtliche Menschenmenge auf der Wiese vor dem Rugbyclub versammelt hatte. Mir dämmerte erst nach einigen Sekunden, dass all diese Leute tatsächlich nur wegen uns gekommen waren. Gawjus' Vater parkte uns genau vor der Menge, und als er die Tür des Vans für uns öffnete stießen wir gegen eine Wand aus Jubel. Es war so überwältigend und einschüchternd, ich wäre am liebsten im Auto sitzen geblieben. Aber es führte kein Weg daran vorbei, ich musste mich aus dem Sitz schälen (Hochzeitskleider sind so unpraktisch!) und mit Gawjus an all den lachenden Gesichtern vorbeilaufen, während mehrere Kilogramm Konfetti auf uns herabregneten und jemand auf der E-Gitarre Mendelssohns Hochzeitsmarsch spielte.





Ich sah all die bekannten Gesichter und wollte am liebsten sofort zu jedem hinstürmen und Hallo sagen, aber es war alles noch viel zu überwältigend. Ich bekam ein Glas Champagner in die Hand gedrückt, das ich erstmal stürzte... und dann mussten der Gawjus und ich auf die Bühne.

Die Bühne war ziemlich gut gelungen. Am Tag vorher hatten wir schon sehr viel Arbeit reingesteckt, und obwohl mir die blaue Abdeckplane überhaupt nicht gefallen hatte, mit all den Instrumenten, Lichtern, Verstärkern und Kabeln sah es doch ganz passabel aus. Meine Dekorateuse (jemand der jemanden kennt der jemanden kennt, den ich kenne) hat noch eine Lichterkette angebracht und ein paar Pompoms, Blümchen und Girladen aufgehängt. Außerdem hatte ich noch ein Set Super-King-Size Bettwäsche gekauft mit der Aufschrift All You Need Is Love, das zufälligerweise auch blau war, und so im Hintergrund aufgehängt wirkte der Deckenüberzug wie ein professionell angefertigtes Banner mit unserem Motto.


Wir spielten zur Überraschung der meisten Anwesenden einen Song - White Wedding von Billy Idol - und damit war die Bühne eröffnet für so ziemlich jeden. Unser alter Railway-Freak-Pub Freund Ginger hatte sich mehr als begeistert dazu bereit erklärt, einen Open Mic Abend zu moderieren. Während eines solchen hatten Gawjus und ich uns nämlich damals im Railway Pub kennengelernt. Der Ansturm war gewaltig.


Wir hatten eine Seifenblasenmaschine und aufblasbare Gitarren und Saxophone, die sich als die Attraktion für alle anwesenden Kinder herausstellte. Die erste Reihe war bevölkert von tanzenden, Luftgitarre spielenden, Seifenblasen jagenden Kiddies.


Die Musiker spielten ihr Herz raus. Ich wünschte ständig, dass ich einfach nur Gast sein könnte, um alles entspannt zu genießen zu können. Doch da waren so viele Hände zu schütteln, Körper zu umarmen, Wagen zu küssen. Ständig fiel mir etwas ein, das ich erledigen wollte, aber ich kam einfach keinen Meter weit. Meinem brandneuen Ehemann ging es nicht anders, wir verloren uns ständig aus den Augen.




Erst nach einer Weile schaffte ich es mir ein Bier zu besorgen und einfach der Musik zu lauschen und die Eindrücke aufzusaugen. Es wurde langsam dunkel und auf dem Rugbyfield rannten eine Horde wilder Kinder mit Frisbees und Bällen umher. Alle Tische und Bänke waren belegt, auch die Strohwürfel, die ich im letzten Moment noch erwünscht hatte. Ein paar Tage vor der Hochzeit war ich morgens aufgewacht und hatte gedacht: "Ich will Stroh!" Die Dekorateuse rannte im Viereck und schaffte es tatsächlich ein paar Ballen aufzutreiben.
Die erste Reihe vor der Bühne hatte sich in so etwas wie ein Moshpit verwandelt und es wurde wild getanzt.


Warum der Boden so nass ist erklärt sich dadurch, dass sich der Gawjus spontan dazu entschlossen hatte eine ALS Icebucket Challenge durchzuführen. In seinem guten Anzug ließ er sich mit eisigem Wasser überschütten und sammelte ungefähr 200 Euro an Spenden ein, die er an eine Kinderkrebshilfe überwies.


Und auf Wasser folgte Feuer, wir hatten nämlich einen Feuerkünstler organisiert. Sein Name war James, und er war so komisch, dass einige Leute Seitenstechen vor Lachen bekamen. Er lieferte aber eine ziemlich gute Show ab, und vor allem die Kinder waren sowas von fasziniert. Das Highlight war aber, als ihm eine Fackel aus der Hand rutschte und in hohem Bogen in Richtung geparkter Autos flog. Ich gab eine sehr gute Rückmeldung auf der Homepage der Zirkusagentur, weil er einfach so liebenswert war.




Die Extravaganza ging weiter. Kein Bein konnte ruhig stehen, als unsere Hauptband auftrat. Die beste Reggae Band, die ich kenne. Auf unserer Hochzeit. Dread Centre sind so unglaublich gut, ich wurde mehrere Male gefragt, ob die vier Typen denn berühmt seien. Sind sie noch nicht. Vielleicht eines Tages? Ich wünsche es ihnen.



 Endlich kam ich auch dazu das Tanzbein zu schwingen. Trinken hatte ich schon längst aufgegeben, denn jedes Mal wenn ich versuchte zur Bar vorzudringen wurde ich abgelenkt. Essen war auch nicht drin, obwohl ich mir sagen ließ, dass der verrückte Batikhemd-Grillmeister ein hervorragendes Buffet gezaubert hatte.



Zu kurz kamen auch das Brautstrauß werfen und das Torte anschneiden. Meinen Strauß konnte ich nicht mehr finden, und für die Torte gab es einfach keine gute Gelegenheit. An Cake Mountain (getauft so von meinem Bruder) hatte ich zwei Tage lang gebacken, und so windschief er auch in der Gegend herum stand, es war ein Original. Nach Mitternacht stieß ich probeweise doch ein Messer in das riesige Teil, und die vier verschiedenen Kuchen schmeckten doch tatsächlich echt gut.




Viel viel zu schnell war alles vorbei. Die Zeit war wie im Flug vergangen, mein Kleid total eingesaut und vollgesogen mit verschütteten Getränken auf dem Boden. Sogar perfekte Schuhabdrücke konnte ich ganz unten auf dem Stoff erkennen. Der Gawjus torkelte glückseelig durch die Gegend und versicherte mir immer wieder, dass dies die beste Party in seinem ganzen Leben gewesen war.
Ein überfordertes Taxiunternehmen schickte uns einen Wagen nach dem anderen, aber trotzdem dauerte es eine Weile bis das ganze Feld geräumt war. Wir verließen die Party als Letztes. Voll bepackt mit Karten und Geschenken. Voller Glück und Erstaunen, dass es wirklich schon vorbei war.


Und jetzt sitze ich hier, voller Wehmut. Wünsche mich zurück zur Party, zu all den wundervollen Menschen. Nochmal! Nochmal! Ich will es noch einmal machen.
Und vielleicht werden wir das auch. Noch einmal den Club mieten, die Bühne aufbauen, und all unsere Freunde einladen zu einem weiteren nostalgischen Abend der Railway Children.

Was für ein gelungener Tag. Vier Wochen ist es jetzt her, und ich schwebe noch immer auf Wolke Sieben. Noch immer erfüllt von all dieser Großzügigkeit, Liebe und Freundlichkeit, die uns an diesem Tag widerfahren ist.

All you need is Love. 


2 Kommentare:

  1. Einfach! Nur! Schön! Und Toll! und Fantastisch! Und Spannend! und Bezaubernd! und... ich bin sprachlos. Was für eine hammergeile Hochzeitsparty!! Die Bettwäsche passt super, klasse Idee, die Kinder waren glücklich, Das Essen schmeckte (also, laut hören sagen) alle tanzten und für Spenden und einen Adrenalinschub war auch gesorgt (Feuer auf Autos, ahhh!) ich bin grad traurig, das ich nicht dabei war, seufz.
    Aber: nochmal hier an dieser Stelle: Alles Gute für euch Zwei!! :D
    Herzliche Grüße
    Dani

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  2. Wow! Das klingt ja fantastisch! Ich liebe es, wenn sich Wünsche erfüllen und das haben sie hier ja ganz offenbar getan. :D

    Ich bin wohl ein bisschen spät dran, aber:
    Ich gratuliere euch ganz herzlich zur Hochzeit und wünsche euch eine wundervolle Zeit als Ehepaar! Ihr werdet das rocken!!

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